Trotz Pannen: Großbritannien senkt Warnstufe in Coronavirus-Epidemie

London (dpa) - Die britische Regierung hat die Warnstufe in der
Coronavirus-Epidemie trotz Pannen bei der Einführung eines Systems
zur Nachverfolgung von Infektionsketten von vier auf drei gesenkt.
Das teilte das Gesundheitsministerium in London am Freitag mit.

Damit scheint der Weg frei für weitere Lockerungen der
Kontaktbeschränkungen in dem Land. Bereits seit dieser Woche sind
Geschäfte in England wieder geöffnet. Es muss jedoch ein
Mindestabstand von zwei Metern eingehalten werden. Premierminister
Boris Johnson kündigte für den 4. Juli an, weitere Maßnahmen
aufzuheben. Den Menschen solle wieder ermöglicht werden, in Hotels
und Restaurants zu gehen, so der Premier. Dafür solle es bald neue
Richtlinien geben. Ob der Mindestabstand reduziert werden soll, wie
es Wirtschaftsvertreter und auch viele Abgeordnete aus der
konservativen Regierungspartei fordern, sagte Johnson nicht.

Noch vor wenigen Tagen hatte ein Vertreter der
Weltgesundheitsorganisation WHO dem «Guardian» zufolge vor einer zu
schnellen Aufhebung der Maßnahmen in Großbritannien gewarnt. Zuvor
müsse sich das System zur Nachverfolgung von Infektionsketten als
robust erweisen.

Johnson hatte angekündigt, bis Anfang Juni ein «Weltklasse-System»
einzuführen. Inzwischen musste die Regierung aber eingestehen, dass
dieses Versprechen nicht eingehalten werden konnte. Eine Warn-App,
die seit Wochen auf der Isle of Wight getestet wurde, wurde am
Donnerstag zugunsten einer Alternative verworfen. Es könnte nach
Regierungsangaben bis zum Winter dauern, bis sie einsatzbereit ist.

Das Gesundheitsministerium meldete am Donnerstag mehr als 1200
Neuinfektionen und 135 Todesfälle. Insgesamt hat es in keinem anderen
europäischen Land so viele Tote durch die Pandemie gegeben wie im
Vereinigten Königreich. Dort starben mehr als 42 000 Menschen,
nachdem sie positiv auf das Virus getestet wurden. Die Zahl der
Gestorbenen, bei denen Covid-19 als Todesursache festgestellt wurde,
liegt bei mehr als 53 000.