Opposition fordert Nachbesserungen am Konjunkturpaket

Von Ökonomen und Wirtschaft hat das Konjunkturpaket der
Bundesregierung viel Applaus bekommen. Die Opposition sieht es nicht
ganz so positiv: Vor dem Beschluss Ende des Monats will sie noch
einiges verbessern.

Berlin (dpa) - Mehr Hilfen für Bedürftige, weniger Schulden und eine
dauerhafte Steuersenkung - die Opposition hat im Bundestag eine Reihe
von Nachbesserungen am Konjunkturpaket der Regierung gefordert. Linke
und Grüne vermissten bei den Plänen die soziale Gerechtigkeit, FDP
und AfD bezweifelten die Wirkung. Finanzminister Olaf Scholz (SPD)
dagegen verteidigte das Paket - und die geplanten Rekordschulden von
218,5 Milliarden Euro. Er sei froh darüber, wenn dem ein oder anderen
bei der großen Summe mulmig werde, gestand der Vizekanzler. «Denn die
Gefahr ist ja sehr sehr groß, dass man in einer solchen Situation,
wenn man schon viel Geld ausgibt, denkt, da gibt es kein Halten
mehr.»

Die Bundesregierung will in den kommenden Monaten mit mehreren
Maßnahmen den Konsum ankurbeln und die Wirtschaft beim Weg aus der
Corona-Krise unterstützen. Kern des Pakets ist eine auf sechs Monate
befristete Senkung der Mehrwertsteuer, die bei jedem Einkauf anfällt.
«Wir verbessern die Kaufkraft der Bürger», erläuterte Scholz. Die
Steuersenkung solle diejenigen, die Anschaffungen wegen der Krise
aufschieben wollten, vom Gegenteil überzeugen.

FDP und AfD bezweifelten allerdings, dass die Steuersenkung in Form
niedrigerer Preise wirklich beim Bürger ankomme. Außerdem sei die
Umstellung für nur ein halbes Jahr ein «irrer bürokratischer Aufwand
»
für die Unternehmen, beklagte FDP-Fraktionsvize Christian Dürr. Ein
durchschnittlicher Haushalt in Deutschland werde im Monat nur 30 Euro
sparen. «Das ist nicht das, was unser Land jetzt braucht», sagte
Dürr. Er sprach sich stattdessen für eine vollständige Abschaffung
des Solidaritätszuschlags auch für die Reicheren aus - und zwar
rückwirkend zum 1. Januar 2020.

Ein weiterer zentraler Teil des Konjunkturpakets ist der Bonus von
300 Euro pro Kind, den Familien mit dem Kindergeld bekommen sollen.
Außerdem werden Unternehmen unter anderem durch neue
Abschreibungsregeln und Überbrückungshilfen entlastet. Den Kommunen
greifen Bund und Länder gemeinsam unter die Arme, indem sie Ausfälle
bei der Gewerbesteuer ausgleichen.

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter betonte, das Konjunkturpaket sei
besser als befürchtet. Es sei gut, dass es weder pauschale
Steuersenkungen für Unternehmen noch eine Kaufprämie für
Verbrenner-Autos gebe. Es fehle aber Unterstützung für die Ärmsten,
etwa ein Aufschlag auf Hartz IV. «Wenn wir doch Milliarden für
Konzerne haben - und das in Teilen richtig ist, dann sollten wir auch
Milliarden für die Ärmsten haben», sagte er.

Der Finanzexperte der Linken, Fabio de Masi, bezeichnete das Paket
als «Wunderkerze, die schnell abfackelt». «Und dann steht man an
Silvester da mit der Wunderkerze, sie ist abgebrannt, und die großen
Jungs, die haben die Silvesterkracher.» Nach der Bundestagswahl drohe
dann ein «Kürzungshammer», wenn die Regierung schnell zur schwarzen
Null zurück und Schulden tilgen wolle.

Scholz betonte, die Bundesrepublik habe in der Vergangenheit solide
gewirtschaftet und werde das auch in der Krise tun. Die FDP dagegen
warf dem Finanzminister vor, nicht alle Rücklagen im Haushalt zu
nutzen und unnötig Schulden aufzunehmen. Das Konjunkturpaket der
Bundesregierung soll am 29. Juni in Sondersitzungen in Bundestag und
Bundesrat verabschiedet werden.

Die geplanten neuen Kredite im Bundeshaushalt kommen nicht nur durch
das Konjunkturpaket und andere Corona-Hilfen zustande, sondern auch,
weil der Staat deutlich weniger Steuern einnehmen wird als geplant.
Allein im Mai brachen die Steuereinnahmen des Staates (ohne
Gemeindesteuern) um 19,9 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum ein.
«Die konjunkturellen Auswirkungen der Corona-Krise sowie die aufgrund
dieser Krise getroffenen steuerlichen Maßnahmen belasteten das
Steueraufkommen im Mai 2020 signifikant», schreibt das
Bundesfinanzministerium in seinem neuen Monatsbericht. Beim Bund lag
das Minus mit 34,8 Prozent sogar noch deutlich höher. Die Länder
verbuchten einen Rückgang um 14,7 Prozent.

Weil viele Unternehmen Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt haben,
gingen unter anderem die Lohnsteuereinnahmen um gut 10 Prozent
zurück. Die Umsatzsteuereinnahmen sanken um 21 Prozent. Der
weitgehend zum Erliegen gekommene Flugverkehr führte bei der
Luftverkehrssteuer zu einem Minus von fast 97 Prozent.