Ex-WHO-Chefin Brundtland: USA fügen UN bleibenden Schaden zu

Genf (dpa) - Mit scharfen Worten hat die frühere Chefin der
Weltgesundheitsorganisation WHO, Gro Harlem Brundtland, die USA wegen
ihrer Attacken auf das System der Vereinten Nationen angegriffen.
«Die derzeitige US-Regierung hat den Vereinten Nationen und dem
multilateralen System seit 2017 tiefen und bleibenden Schaden
zugefügt», sagte sie am Freitag in einem Briefing der Genfer
Journalistenvereinigung ACANU in Genf.

Sie verwies auf den US-Rückzug aus dem Klimavertrag und
Abrüstungsverträgen und die Blockadehaltung in der
Welthandelsorganisation WTO. Gerade in Pandemie-Zeiten zeige sich,
dass alle Länder zusammenarbeiten müssten. «Die jüngste Entscheidun
g
von US-Präsident Donald Trump, die Zusammenarbeit mit der WHO
aufzugeben, ist der verwunderlichste und offensichtlich
konterproduktivste Schritt», sagte sie.

Trump hatte Brundtland in seinem Beschwerdebrief, in dem er der WHO
China-Hörigkeit vorwarf, namentlich als leuchtendes Beispiel genannt,
weil sie China während der Sars-Krise vor knapp 20 Jahren wegen
schleppender Informationen öffentlich kritisiert hatte.

China habe dieses Mal zwar schneller reagiert, aber immer noch
Informationen über den Ausbruch des Coronavirus zu lange
zurückgehalten, sagte Brundtland. Bei einer solchen Epidemie gebe es
an einem einzigen Tage tausende neue Ansteckungen. Schon ein Tag
Verspätung sei problematisch. Diese Frage und das Verhalten der WHO
müsse in einer unabhängigen Untersuchung aufgearbeitet werden.

Die Internationalen Gesundheitsvorschriften der WHO, auf deren Basis
die WHO die Pandemie Ende Januar erklärte, müssten verbessert werden,
forderte Brundtland. WHO-Mitglieder hätten bei der Verabschiedung der
Vorschriften seinerzeit darauf bestanden, das möglichst keine
Reisewarnungen verhängt werden, weil sie wirtschaftlichen Schaden
fürchteten. Jetzt hätten die Länder genau diese Warnungen im
Alleingang verhängt.