Schule nach den Sommerferien ohne Abstandsregel - womöglich

Nach dem Ja von Kanzlerin Merkel und den Ministerpräsidenten für eine
Rückkehr zum Regelschulbetrieb nach den Sommerferien, haben sich die
Kultusminister der Länder nun festgelegt: Die Abstandsregel an den
Schulen soll im neuen Schuljahr wegfallen, mit einer Einschränkung.

Berlin (dpa) - Alle Schüler sollen nach den Sommerferien wieder wie
gewohnt in die Schule gehen - auf die Abstandsregel soll dabei, wenn
möglich, verzichtet werden. Darauf haben sich die Kultusminister der
Länder in einer Schaltkonferenz am Donnerstag verständigt. Zur
Gewährleistung des Rechts auf Bildung streben die Länder einen
«regulären Schulbetrieb nach geltender Stundentafel» im
Klassenverband oder in einer festen Lerngruppe an, heißt es in einem
gemeinsamen Beschluss. «Die Länder stimmen dabei überein, dass
hierfür die Abstandsregelung von 1,5 Metern entfallen muss, sofern es
das Infektionsgeschehen zulässt», heißt es weiter.

Definitiv ist damit der Wegfall der Abstandsregel also nicht. Alles
hängt von der weiteren Entwicklung in der Corona-Pandemie ab.

SCHULSCHLIESSUNGEN NUR ALS «ULTIMA RATIO»

Die aktuellen Ereignisse zeigen, wie schnell der Hebel wieder
umgelegt werden kann: Wegen der vielen Infektionen beim
Fleischfabrikanten Tönnies in Gütersloh sind im ganzen Landkreis
erneut Schulen und Kitas geschlossen worden. Die Kultusminister
plädierten am Donnerstag dafür, dass solche harten Schritte künftig
nur das letzte Mittel sein sollten: «Uns ist wirklich wichtig, dass
das Recht auf Bildung, das was Schule ausmacht als sozialen Ort, als
Ort des sozialen Lernens, dass das sehr hochgehalten wird und dass
Schulschließungen unter Berücksichtigung des Infektionsgeschehens
auch eher eine Ultima Ratio sein sollten in Zukunft», sagte die
amtierende Präsidentin der Kultusministerkonferenz, die
rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) nach den
Beratungen.

WIE ES WEITERGEHT 

Als nächsten Schritt wollen sich die Bildungsminister darum kümmern,
dass die Hygienemaßnahmen «für alle an Schule Beteiligten» vor Ort

angepasst werden, sagte Hubig. «Wir werden uns als
Kultusministerkonferenz rechtzeitig auf einen gemeinsamen Rahmen für
aktualisierte Schutz- und Hygienemaßnahmen verständigen». Dem
Arbeitsschutz für das Personal an den Schulen solle dabei in vollem
Umfang Rechnung getragen werden.

KRITIK VON LEHRERVERBÄNDEN UND BILDUNGSGEWERKSCHAFTEN

Lehrerverbände und Bildungsgewerkschaften warnen vor einem «Spiel mit
dem Feuer», wenn die Abstandsregel fällt und pochen auf
Schutzkonzepte für die Lehrer. Es sei eine Farce, wenn in jedem
Supermarkt Plexiglasscheiben Kunden und Personal trennten - aber an
Schulen kein Abstand eingehalten und die Lehrer nicht geschützt
würden, hatte der Chef des Verbandes Bildung und Erziehung, Udo
Beckmann, schon Anfang des Monats gesagt.

«Auf das Abstandsgebot in den Schulen zu verzichten, ist der falsche
Weg», sagte die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und
Wissenschaft (GEW), Marlis Tepe, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland
(RND). Abstand und Hygienemaßnahmen seien das A und O, um Lehrkräfte,
Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern vor Infektionen zu
schützen.

Dazu kommt, dass schätzungsweise 10 bis 20 Prozent des Lehrpersonals
als «Risikogruppe» den Schulen fernbleiben könnten. Beckmann sagte am

Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur, es hätte von den
Kultusministern das klare Zeichen gebraucht, «dass in Pandemie-Zeiten
nicht flächendeckend ein vollumfängliches Bildungs- und
Betreuungsangebot zu gewährleisten ist». Er befürchtet Unmut gegen
Schulleitungen und Lehrer, wenn dann möglicherweise der «reguläre
Schulbetrieb» doch nicht durchgehalten werden kann.