Konzerthallen machen erste Schritte: 80 000 Gäste in Köln erwartet

Die Konzert-Branche wurde hart von der Corona-Pandemie getroffen. In
Köln hat man an einem Konzept für eine Rückkehr von Arena-Events
getüftelt - trotz finanzieller Risiken. Tenor: Hauptsache, man gerät
nicht in Vergessenheit. Auch in anderen Städten tut sich etwas.

Köln (dpa/lnw) - Abgetrennte Sitz-Boxen, kontaktloser Einlass,
penible Planung der Laufwege: Mit einem neuen Konzept sollen nach der
Corona-Pause in Köln erstmals wieder viele Menschen in den Genuss von
Live-Konzerten in einer großen Halle kommen. Die Organisatoren
erwarten in der Lanxess-Arena über etwa 100 Shows verteilt rund 80
000 Besucher bis August 2020, wie sie am Donnerstag erklärten. «Man
muss sich die Ziele ja hochstecken», sagte Veranstalter Thomas
Fasshauer. Auch in anderen Konzerthallen wird über Auswege aus der
Corona-Krise nachgedacht.

Der Rahmen in Köln ist aber deutlich kleiner als für die gigantische
Arena üblich, in die eigentlich 20 000 Menschen passen. Rund 900
Besucher sind zugelassen, die Auftritte sollen Clubkonzert-Charakter
haben. Um die Corona-Auflagen zu erfüllen, wurde die Halle zudem
umgebaut. Im Innenraum stehen viele kleine Plexiglas-Boxen, die zur
Bühne hin geöffnet sind. In ihnen finden insgesamt 224 Besucher
Platz. Weitere 672 werden mit Abständen auf dem Unterrang verteilt.

Damit sich nicht zu viele Menschen direkt begegnen, wurde die Arena
in fünf voneinander unabhängige Zonen eingeteilt, jede hat einen
eigenen Ausgang, eigene Toiletten, eigene Getränkestände. Wechsel
zwischen den Zonen sind nicht möglich. Hinzu kommen strenge
Hygieneregeln. Masken etwa dürfen erst am Sitzplatz abgezogen werden.
Das Konzept ist nach Angaben der Veranstalter europaweit
«einzigartig» in der brachliegenden Konzertbranche.

Stefan Löcher, Geschäftsführer der Lanxess-Arena, sagte, es tue
natürlich «weh» darüber nachzudenken, was normalerweise in diesen
Tagen in der Halle los gewesen wäre. Etwa ein großes Konzert von
Superstar Sting. Aber so sei es eben. «Ich glaube, es ist wichtig,
mal wieder ein Signal nach draußen zu geben an die Menschen: Es gibt
noch Live-Entertainment, es gibt noch die Arena, es gibt tolle
Künstler», sagte Löcher.

Als erster Künstler tritt am Samstag Popsänger Wincent Weiss (27)
auf. Zugesagt hat unter anderem auch Sängerin Nena (60, «99
Luftballons»), die am 27. und 28. Juli Konzerte geben will.

Die Idee habe sich bei ihm vor rund acht Wochen entwickelt, sagte
Veranstalter Fasshauer. Damals habe ihm noch ein
Indoor-Autokino-Format vorgeschwebt. «Dann haben wir aber mit der
Zeit, als die Lockerungen kamen, eigentlich überlegt, dass wir die
Autos gar nicht mehr brauchen.» Bei der aktuellen Kapazität von rund
900 Gästen sei man gleichwohl noch in einem Bereich, in dem man
finanziell «eher» subventioniere. Interessant sei aber die
Perspektive, sollten irgendwann weitere Lockerungen möglich sein.

Auch in anderen Städten denkt man über neue Konzepte nach. Die
König-Pilsener-Arena in Oberhausen befindet sich nach Angaben einer
Sprecherin in einem Genehmigungsverfahren mit der Stadt, um wieder
Live-Vorstellungen für bis zu 1000 Personen anbieten zu können. Auch
in Düsseldorf hat man sich Gedanken gemacht. Die Düsseldorfer Firma
D.LIVE, die unter anderem die Merkur Spiel-Arena und den ISS Dome
betreibt, hat nach eigenen Angaben ebenfalls ein Konzept erarbeitet,
das auch schon genehmigt wurde. «In der aktuellen Situation stehen
für uns jedoch Kosten und Nutzen noch in keinem Verhältnis», erklär
te
Geschäftsführer Michael Brill der Deutschen Presse-Agentur.

Auch Jens Michow, Präsident des Bundesverbandes der Konzert- und
Veranstaltungswirtschaft, ist eher skeptisch. Natürlich sei es toll,
dass mittlerweile im ganzen Land mit kreativen Ideen versucht werde,
den Stillstand zu beenden. «Man muss aber immer zwischen der
kreativen Leistung auf der einen Seite und der Wirtschaftlichkeit
andererseits trennen. Und mir hat sich noch nicht erschlossen, wie
Konzepte wie das in der Lanxess Arena wirtschaftlich sein können»,
sagte er. «Das sind Experimente, die man machen kann, um zu zeigen,
dass man noch da ist, mehr leider nicht.»