Corona contra Artenschutz: Ohne Touristen schmelzen die Budgets dahin Von Ralf E. Krüger, dpa

Ob Spitzmaulnashorn oder Berggorilla: Mit der Corona-Krise hat sich
für die Tiere in Afrikas Naturreservaten viel geändert. Es gibt mehr
Ruhe und Raum, denn die Touristen bleiben weg. Doch mittelfristig
droht große Gefahr.

Johannesburg (dpa) - Löwen auf den Straßen, Golfplätze erkundende
Elefanten: In der Corona-Krise streifen viele Tiere in den Wildparks
Afrikas an sonst von ihnen gemiedenen, nun aber menschenleeren
Plätzen umher. Deutlich macht sich bemerkbar, dass der Tourismus
abrupt ausgebremst wurde. Was für die Wildtiere angenehm sein mag,
ist für den Artenschutz bedenklich: Vielen Schutzprojekten droht
inzwischen das Aus. «Der Öko-Tourismus ist für den langfristigen
Artenschutz gefährdeter Tiere enorm wichtig», betont die African
Conservation Foundation.

Der wochenlange Lockdown lässt nicht nur die Volkswirtschaften in
Afrika in die Knie gehen, sondern auch den Naturschutz zwischen Kenia
oder Südafrika. Denn der für die Finanzierung von Rangern,
Anti-Wilderer-Einheiten oder Schutz- und Aufzuchtprogrammen wichtige
Öko- und Safaritourismus fällt wegen der geltenden
Reisebeschränkungen 2020 weitgehend flach. Das gilt für Ruanda,
Uganda und Kongo ebenso wie für Madagaskar und andere Länder.

Die Finanzkrise im Zuge von Corona bedroht, was in langen Jahren
mühsam aufgebaut worden ist. Auch viele private Initiativen von
Lodgebetreibern sind gefährdet. «Wir Lodgebetreiber müssen uns im
Jahr der Corona-Krise zunächst einmal um die Ernährung unserer vielen
Angestellten und Familien kümmern», erklärt Anke Cowan von der
Kafunta-Lodge in Sambia. Um ein von ihr mitgegründetes Projekt im
Luangwa-Tal am Leben zu halten, flossen gerade vom Rotary Club
Meerbusch bei Düsseldorf 20 000 Euro an Spenden.

Viele Unternehmen versuchen sich neu zu erfinden. Südafrikas
Ranger-Ausbildungsstätte EcoTraining etwa bietet seit Mitte Juni
Online-Kurse an. «Als Antwort auf Covid-19 waren wir gezwungen, neue
Wege zu beschreiten, um noch relevant zu bleiben», heißt es dort.
Auch der Tourismus-Magnet Krüger-Nationalpark versuchte mit
Online-Angeboten und Wildtier-Videos das Interesse
aufrechtzuerhalten, bevor er Anfang Juni wieder für Tagesbesucher
öffnen konnte.

Vom Staat ist jeweils kaum Hilfe zu erwarten. Viele afrikanische
Regierungen, die ohnehin schon mit ausbleibenden Steuereinnahmen
kämpfen, müssen in den knappen Budgets Gelder für den Kampf gegen
Corona umschichten. Da ist für Artenschutz kaum noch etwas übrig. Zur
zusätzlichen Gefahr für die Tiere wird, dass Hunger im Zuge der Krise
immer mehr Menschen betrifft - damit wächst die Versuchung,
geschützte Wildtiere zu jagen.

Im Bwindi-Regenwald, einem Nationalpark im Südwesten Ugandas, wurde
gerade ein Berggorilla getötet. «Seit dem Covid-19-Lockdown gibt es
in den Parks mehr Wilderei», sagt John Gesa, ein Sprecher der
Wildschutzbehörde UWA. Viele Menschen in Uganda hätten wegen der
Corona-Maßnahmen die Städte verlassen und seien in ihre Heimatdörfer

zurückgekehrt, wo sie oft keine Arbeit oder Beschäftigung hätten -
und darum wildern gingen. «Wir glauben, dass der Schutz der
ländlichen Gemeinden eines der besten Dinge ist, die wir derzeit tun
können», betont Les Carlisle, Naturschutz-Manager beim Lodgebetreiber
andBeyond.

Tierschützer hoffen, dass wegen der Pandemie zumindest der Handel mit
Wildtierprodukten langfristig geächtet wird. Nach Ansicht des WWF ist
die Virus-Übertragung von Wildtieren auf den Menschen nur eine Frage
der Zeit gewesen - und die Gefahr ähnlicher Ausbrüche noch lange
nicht gebannt: «Mindestens 7000 Wildarten weltweit sind von Wilderei
und illegalem Handel betroffen.»