Länder suchen gemeinsame Corona-Linie für kommende Monate

Die Corona-Lockerungen haben das Verhältnis von Bund und Ländern
schwer belastet. Kurz vor der Sommerpause ringen die Regierungschefs
um neue Beschlüsse - es geht nicht nur um Masken und Schulen.

Berlin (dpa) - Nach den Zerwürfnissen der vergangenen Wochen ringen
Bund und Länder in Berlin erneut um eine gemeinsame Linie für den
weiteren Umgang mit dem Coronavirus. Eine zentrale Rolle spielen
dabei Einigungen zur Öffnung von Schulen, dem weiteren Verbot von
Großveranstaltungen und einer Fortführung von Maskenpflicht
sowie Abstandsregelungen. Dies geht aus einer mit anderen Ländern
abgestimmten Beschlussvorlage des Vorsitzlandes Bayerns für die
Ministerpräsidentenkonferenz an diesem Mittwoch hervor, die der
Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Demnach könnten Großveranstaltungen wie Volks- und Straßenfeste oder

Kirmesveranstaltungen wegen der Corona-Pandemie möglicherweise bis
mindestens Ende Oktober verboten bleiben. Darüber berichteten auch
RTL und ntv sowie der «Spiegel». Im Gespräch war dem Vernehmen nach
sogar ein Verbot bis zum Jahresende. Großveranstaltungen sind auf
Bundesebene noch bis Ende August nicht erlaubt.

Mehrere SPD-Regierungschefs rechneten vor dem Treffen mit Merkel
damit, dass Großveranstaltungen weiter verboten bleiben. «Es ist auf
jeden Fall wichtig, dass wir uns verständigen, dass
Großveranstaltungen weiterhin entweder gar nicht oder nur unter sehr
strengen Auflagen durchgeführt werden sollen», sagte Hamburgs Erster
Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) der dpa. Brandenburgs
Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) ergänzte: «Das erste und
wichtigste Ziel ist es, zu vermeiden, dass es zu einer zweiten Welle
in Deutschland kommt, und deswegen werden wir uns weiter einschränken
müssen.»

Bayerns Regierungschef Markus Söder (CSU) hatte am Dienstag in
München bereits erklärt, dass «auf jeden Fall» eine Verlängerung

beschlossen werden solle, dies sei Konsens unter den Ländern.

Aus Länderkreisen hieß es, an der Vorlage, die auch als Grundlage für

das Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Nachmittag dienen
sollte, sei bereits intensiv mit dem Kanzleramt gearbeitet worden.
Offen war aber, ob der Punkt Großveranstaltung am Ende überhaupt im
endgültigen Beschluss der Ministerpräsidenten mit Merkel vorkommen
wird.

Am 12. März hatten sich Merkel und die Länderchefs zum letzten Mal
persönlich im Kanzleramt getroffen. In den Tagen danach wurde das
öffentliche Leben in Deutschland wegen der Pandemie schrittweise
heruntergefahren: Schulen und Kitas wurden geschlossen, Restaurants,
Bars und andere Einrichtungen ebenso. Die Kanzlerin und die
Ministerpräsidenten hatten seitdem in mehreren Videoschalten über das
weitere Vorgehen in der Corona-Pandemie beraten.

Die Länder streben zudem laut Vorlage eine Einigung über die
gemeinsame Fortsetzung von Regeln zu Mindestabstand und Hygiene an.
Dies war nach den zuletzt auseinanderdriftenden Einzelregeln der
Länder in Zweifel gezogen worden. Auf Länderseite wurde eine mögliche

Einigung in diesem Punkt als bedeutend hervorgehoben.

In dem Papier heißt es, der Mindestabstand von 1,5 Metern, verstärkte
Hygiene-Maßnahmen sowie das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen in
bestimmten öffentlichen Bereichen, insbesondere im öffentlichen
Personennahverkehr und im Einzelhandel, hätten sich bewährt «und
werden fortgeführt». Bürgerinnen und Bürger seien angehalten, ihre

Kontakte zu anderen Personen möglichst gering zu halten.

Nachdem Thüringen und Brandenburg in ihren Lockerungsregeln zeitweise
schon weiter sind, wurde für möglich gehalten, dass beide Länder
Protokollerklärungen zu dem Punkt abgeben. Der Kurs von Bund und
Ländern in der Pandemie war seit Anfang Mai auseinandergedriftet.
Während Bayern etwa einen betont langsamen Kurs bei Lockerungen
gewählt hat, drücken andere Länder wie Thüringen mit deutlich wenig
er
Fallzahlen sehr aufs Tempo. Auch in Sachsen wurde jüngst bereits über
ein Ende der Maskenpflicht beim Einkaufen nachgedacht.

Vor dem Hintergrund der Debatten über weitere Lockerungen hatte
Merkel erst am Dienstag erneut eindringlich vor einem Rückschlag
gewarnt: «Wir müssen sehr vorsichtig sein, damit wir die schon
schwierige Lage in der Wirtschaft nicht noch mal verschlechtern»,
warnte die Kanzlerin nach Angaben von Teilnehmern in der Sitzung der
Unionsfraktion im Bundestag.

Die Länder streben - bei weiterhin positivem Verlauf des
Infektionsgeschehens - zudem an, spätestens nach den Sommerferien in
den schulischen Regelbetrieb zurückzukehren, auf Grundlage der
Schutz- und Hygienekonzepte. «Zeitnah» solle auch von der
Notbetreuung zu einem möglichst vollständigen Regelbetrieb der
Kinderbetreuungsangebote zurückgekehrt werden. Auch eine Einigung in
diesem Punkt wurde auf Länderseite als bedeutsames Signal für ein
gemeinsames Vorgehen gewertet.

Vertreter der Länder und auch die Präsidentin der
Kultusministerkonferenz, die rheinland-pfälzische Bildungsministerin
Stefanie Hubig (SPD), hatten zuletzt bereits mehrfach angekündigt,
dass sie nach den Sommerferien zurück in den Regelbetrieb an den
Schulen wollen. Hubig hatte in dem Zusammenhang auch für ein Ende der
Abstandsregel an den Schulen plädiert.