Lage für VHS-Dozenten wegen Corona-Krise teils dramatisch

Sprachkurse, Integrationskurse, Zertifikate - das alles bieten
Volkshochschulen. Doch auch deren Betrieb ruht in der Corona-Krise -
mit schmerzlichen Folgen für Schulen, Teilnehmer und Kursleiter.

Mainz (dpa/lrs) - Seit Wochen ruht der Lehrbetrieb in den
Volkshochschulen in Rheinland-Pfalz. Das reißt Löcher in die Kassen
der Einrichtungen selbst und bringt die meist freiberuflichen
Dozenten in arge finanzielle Nöte. Die Direktorin des Verbandes der
Volkshochschulen (VHS) in Rheinland-Pfalz, Steffi Rohling, sagte der
Deutschen Presse-Agentur in Mainz, die Schulen würden zwar teils von
der öffentlichen Hand finanziert. Aber rund 40 Prozent müssten in
Rheinland-Pfalz am Markt erwirtschaftet werden. «Der Teilnehmer ist
unser größter Zahler», sagte Rohling. Und der fällt gerade weg.

Die Mainzer Volkshochschule verliert derzeit pro Woche rund 50 000
Euro, wie Direktor Christian Rausch berichtete. Denn die
Betriebskosten liefen weiter. Für einen Großteil der 40 Angestellten
in der Verwaltung sei Kurzarbeit beantragt worden. «Das schlägt auf
die Stimmung.» Kurzarbeit sei für die Mainzer VHS aber nur möglich,
weil sie ein eingetragener Verein sei, erklärte Rohling. Andere
Schulen seien kommunal und könnten bislang kein Kurzarbeitergeld
beantragen. Hier kämen Fehlbeträge auf die Kommunen zu. Rohling
hofft, dass Städte, Kreise und Gemeinden auch bei knappen Kassen die
Volkshochschulen in ihrer Struktur erhalten und sie unterstützen.

Kursleitern, die von den Einnahmen lebten, bleibe in der aktuellen
Krise häufig nur der Weg in die Grundsicherung, sagte Rohling. Denn
bei den Hilfen für Solo-Selbstständige würden Betriebskosten
berücksichtigt. Die hätten Kursleiter aber nicht, sondern ausfallende
Honorare. «Ich bin mir sicher, dass die Volkshochschulen anders aus
der Krise herauskommen, als sie hereingegangen sind», sagte Rohling.

An der Mainzer VHS sei bei 600 Dozenten für 80 bis 90 der Job an der
Volkshochschule in Kombination mit denen an anderen
Bildungseinrichtungen der Haupterwerb, sagte Rausch. Teils sei die
Situation für sie dramatisch. Sie arbeiteten in der Regel auf
Honorarbasis, stünden ohne Einnahmen da - und ein Ende sei nicht
absehbar. Die Mainzer VHS hat sämtliche Eintagesveranstaltungen in
diesem Semester abgesagt, längere Kurse wurden unterbrochen. Es sei
zu befürchten, dass der Betrieb auch über April hinaus ruhen werde.
«Dann wird nichts anderes übrig bleiben, als die Kurse abzubrechen.»


Ein Abbruch zieht einen enormen Verwaltungsaufwand nach sich, wie
Nicole Kuprian, Leiterin der in kommunaler Hand befindlichen
Koblenzer VHS, erklärte. Dann müsse der von den Teilnehmern gezahlte
Preis anteilig erstattet werden. Sie bezeichnet die Corona-Krise als
«Riesen-Herausforderung» für die Volkshochschulen. Ende März sei de
r
Betrieb sehr abrupt zum Erliegen gekommen, nun müsse man schauen, wie
zumindest noch Kurse mit für die Teilnehmer wichtigen Abschlüssen
durchgezogen werden könnten.

Auch die Koblenzer VHS zählt ungefähr 600 Dozenten. Rund 100 seien
auf ihren Verdienst dort angewiesen, sagte die Leiterin. Darunter
seien Rentner, die sich ein Zubrot verdienten. Kuprian rechnet damit,
dass auch das kommende Herbstsemester noch von der Krise gezeichnet
sein wird. Etwa die Hälfte der Kursteilnehmer sei über 50 Jahre alt
und werde aus Angst vor einer Infektion vermutlich auch dann nicht in
einem Kurs sitzen wollen. «Das Herbstsemester wird mit Sicherheit
sehr schwierig für uns.»

Rohling vom Landesverband sieht das ähnlich. Es sei sehr fraglich, ob
die Menschen im Herbst wieder in Gruppen lernen wollten. «Das ist
unser Zukunftssorgenthema.» Sie treibe auch die möglichen Folgen des
Shutdowns für Kursteilnehmer um: «Das Lernen wird gerade brutal
unterbrochen», sagte sie. Beispielsweise Integrations- oder
Deutschkurse seien aber für die Teilnehmer eminent wichtig, um
hierzulande Fuß fassen zu können. «Da bricht eine ganze Grundlage
weg», warnte Rohling. Ähnlich sehe das bei Alphabetisierungskursen
aus oder Angeboten, die in einen Schulabschluss münden.

Zwar werde auch mit Online-Kursen gearbeitet, das gehe aber nicht
immer. Froh seien die Volkshochschulen, dass es seit einem Jahr die
VHS.Cloud gebe, die eine Plattform etwa für Materialien, virtuelle
Klassenzimmer oder Tutorien sei. «Wir sind gottfroh, dass wir das
haben», sagte Rohling. Allerdings hätten nicht alle Teilnehmer die
technische Ausstattung für Online-Kurse und längst nicht alle
Kursleiter seien fit im Online-Lehren. Allein in den vergangenen
beiden Wochen seien in Rheinland-Pfalz mehr als 100 Dozenten in
Notfallschulungen fit gemacht worden.

VHS-Leiter Rausch in Mainz betont: «Wir öffnen erst dann wieder, wenn
keine Gefahr mehr besteht.» Mitte März habe die Mainzer VHS wenige
Tage später als andere Volkshochschulen im Land dicht gemacht, damals
seien viele Mails besorgter Kursteilnehmer deswegen gekommen. «Es
gibt eine hohe Sensibilität bei dem Thema», sagte Rausch.