Japans Industrie pessimistisch wie seit Jahren nicht mehr

Das Coronavirus lässt die Stimmung in Japans Wirtschaft so tief
sinken wie seit Jahren nicht mehr. Die Regierung will mit weiteren
Milliardenausgaben gegensteuern. Auch die Zentralbank dürfte unter
Druck geraten, die geldpolitischen Zügel noch weiter zu lockern.

Tokio (dpa) - In der japanischen Großindustrie sorgt die Angst vor
den Folgen des Coronavirus auf die Weltwirtschaft erstmals seit
Jahren für Pessimismus. Wie aus einer am Mittwoch veröffentlichten
Quartalsumfrage («Tankan») der Notenbank unter rund 10 000
Unternehmen des Landes hervorgeht, sank der darin ermittelte
Stimmungsindex für die großen Produktionsunternehmen zum März
erstmals seit Jahren ins Negative, und zwar von Null auf minus 8. Ein
negativer Index bedeutet, dass die Pessimisten jetzt in der Mehrheit
sind. In Japan gibt es wachsende Sorgen über eine neue Rezession.

Der von der BoJ alle drei Monate erstellte Bericht ist eine
umfassende Mischung aus Konjunkturanalyse und Stimmungsbericht. In
Reaktion darauf brach Asiens Leitbörse in Tokio erneut ein. Der
Nikkei-Index für 225 führende Werte sackte um heftige 851,60 Punkte
oder 4,50 Prozent auf den Schlussstand von 18 065,41 Punkten ab.

Die Stimmung in der Industrie hat sich inzwischen im fünften Quartal
in Folge eingetrübt. Und Besserung ist vorerst nicht in Sicht. Um die
Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die drittgrößte Volkswirtschaft
der Welt zu dämpfen, hat Ministerpräsident Shinzo Abe das «kühnste
»
Konjunkturpaket aller Zeiten angekündigt. Unter anderem soll es
Barmittel für in Not geratene Familien und kleine Firmen geben. Das
geplante Konjunkturpaket soll noch größer ausfallen, als eines, das
Japan während der globalen Finanzkrise 2008 geschnürt hatte. Dieses
hatte damals ein Volumen von rund 57 Billionen Yen (480 Mrd Euro).

Die Manager der Großindustrie sehen dennoch schwarz: Der
Quartalsumfrage der Notenbank zufolge dürfte sich der Stimmungsindex
in den kommenden drei Monaten angesichts der globalen Corona-Pandemie
weiter auf minus 11 verschlechtern. Auch die Manager großer nicht
produzierender Unternehmen sind alles andere als zuversichtlich. Zum
März war ihr Index auf plus 8 von zuvor 20 gerutscht, wenngleich das
nicht so schlecht war wie von vielen Ökonomen erwartet. Für die
kommenden drei Monate dürften jedoch auch bei diesen Unternehmen die
Pessimisten in der Mehrheit sein: der Index soll auf minus 1 fallen.

Japans Bruttoinlandsprodukt (BIP) war bereits im Schlussquartal 2019
auf das Jahr hochgerechnet um 7,1 Prozent gesunken, so stark wie seit
dem Quartal April bis Juni 2014 nicht mehr. Grund war vor allem eine
Erhöhung der Mehrwertsteuer im vergangenen Jahr. Nun kommt noch die
Corona-Krise hinzu. Daher fürchten einige Analysten bereits, dass
Japan in eine Rezession abrutscht. Von einer Rezession spricht man,
wenn die Wirtschaftsleistung zwei Quartale in Folge zurückgeht.

Wird die Notenbank die geldpolitischen Zügel nun noch weiter lockern?
Sie hatte sich im Kampf gegen die Virus-Folgen erst kürzlich erneut
in das Marktgeschehen eingeschaltet. So bot sie den Banken weitere
Liquidität an und weitete das Anleihekaufprogramm aus. Viele
Analysten glauben, dass der Zentralbank langsam die Munition ausgeht.