im 2. Absatz) «Größte Herausforderung unserer Generation»: Bolsonaro dämpft Ton

Rio de Janeiro (dpa) - Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro
hat seinen Ton im Hinblick auf das Coronavirus geändert, nachdem er
es wochenlang heruntergespielt und Einschränkungen des öffentlichen
Lebens kritisiert hatte. «Das Virus ist eine Realität. Wir stehen vor
einer der größten Herausforderungen unserer Generation», sagte
Bolsonaro in einer Fernsehansprache am Dienstagabend (Ortszeit), der
vierten zur Coronakrise, in der er sich ungewohnt empathisch gab. Den
Inhalt behielt er weitgehend bei und sagte, dass er sich Sorgen um
das Leben und auch um den Erhalt der Arbeitsplätze mache.

Das Mittel gegen die Pandemie könne jedoch nicht schlimmer sein als
deren Auswirkungen. «Was wird mit dem Straßenverkäufer, der
Haushaltshilfe und anderen Selbstständigen, mit denen ich während
meines ganzen öffentlichen Lebens Kontakt halte?», fragte Bolsonaro.
Mehr als 40 Prozent der Brasilianer gehen einer informellen Arbeit
nach und haben kaum Rücklagen. Bolsonaro führte die Maßnahmen an, die

die Regierung schon ergriffen habe und hob das Einfrieren der Preise
für Medikamente für 60 Tage hervor. Nach Insider-Berichten aus
Brasília hatten Militärs zu der Mäßigung geraten.

Den 15. Tag in Folge protestierten Tausende Brasilianer in
verschiedenen Städten während der Ansprache mit «panelaços», bei

denen sie auf Töpfe und Pfannen schlugen, gegen den Präsidenten und
dessen ihrer Meinung nach laxen und gefährlichen Umgang mit der
Covid-19-Pandemie. «Bolsonaro weg» und «Mörder»-Rufe wurden aus d
en
offenen Fenstern laut. Vor einer Woche hatte Bolsonaro das
Coronavirus im Fernsehen als «gripezinha» (kleine Grippe) verharmlost
und eine «Rückkehr zur Normalität» gefordert. Mit dieser Haltung ha
t
er sich zuletzt in Brasilien zunehmend politisch isoliert.