Landwirte rufen um Hilfe: Unionspolitiker schreiben an Merkel

In den nächsten Wochen muss auf deutschen Feldern Salat gepflanzt,
Brokkoli gesät und Spargel geerntet werden. Alleine mit einheimischen
Kräften und arbeitswilligen Flüchtlingen sei das nicht zu schaffen,
sagen die Landwirte. Jetzt soll Merkel helfen.

Berlin (dpa) - In einem Brandbrief an Bundeskanzlerin Angela Merkel
(CDU) haben Unionspolitiker eine Lockerung der Einreisebeschränkungen
für Saisonarbeitskräfte aus Rumänien und anderen EU-Mitgliedstaaten
gefordert. Die deutschen Landwirte müssten in den nächsten Tagen
entscheiden, welche Obst- und Gemüsesorten noch angebaut und geerntet
werden könnten, daher sei keine Zeit zu verlieren, heißt es in dem
Schreiben der Arbeitsgruppe Ernährung und Landwirtschaft der
Fraktion, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Die von der EU-Kommission empfohlene bevorzugte Abfertigung von
Saisonarbeitskräften für die Landwirtschaft müsse in Deutschland
unverzüglich umgesetzt werden, schreiben die Abgeordneten Albert
Stegemann und Gitta Connemann in dem Brief vom Dienstag, der auch an
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und
Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) gerichtet ist.
«Deshalb ist das Einreiseverbot für Saisonarbeitskräfte unverzüglic
h
aufzuheben», fordert die Arbeitsgruppe.

Durch Fiebertests im Fahrzeug und die Einrichtung besonderer
Fahrspuren an den Grenzen könne sichergestellt werden, dass diese
Arbeitskräfte die Betriebe «ohne weitere Berührung und ohne
Zeitverlust erreichen können». Möglicherweise könnten die Erntehelf
er
auch am Arbeitsplatz auf das neuartige Coronavirus getestet werden.

Seehofer hatte am Mittwoch vergangener Woche im Kampf gegen die
Ausbreitung der Corona-Pandemie ein Einreiseverbot für Saisonarbeiter
angeordnet. Die Regelung gilt für die Einreise aus Drittstaaten, aus
Großbritannien, für EU-Staaten wie Bulgarien und Rumänien, die nicht

alle Schengen-Regeln vollumfänglich anwenden, sowie für Staaten wie
Österreich, zu denen Binnengrenzkontrollen vorübergehend wieder
eingeführt worden sind.

Am Dienstag gab es dazu ein Gespräch zwischen Seehofer und Klöckner.
Nach dpa-Informationen wurden verschiedene Vorschläge diskutiert,
aber noch keine Entscheidung getroffen. Das Innenministerium wirbt
für einen Einsatz von anerkannten Flüchtlingen und Asylbewerbern mit
Arbeitserlaubnis in der Landwirtschaft. In Absprache mit den Ländern
sollen aus Gründen des Infektionsschutzes jedoch keine Asylbewerber,
die in Aufnahmeeinrichtungen wohnen, zur Arbeit auf den Feldern
vermittelt werden.

Die Bundesregierung überlegt außerdem, ob Menschen, die über die
sogenannte Westbalkan-Regelung zum Arbeiten nach Deutschland gekommen
waren und jetzt wegen der Corona-Krise von Kurzarbeit oder Jobverlust
betroffen sind, als Erntehelfer eingesetzt werden könnten. Von einer
Arbeitserlaubnis für abgelehnte Asylbewerber aus «sicheren
Herkunftsländern» hält man im Innenministerium dagegen nichts.

Aktuell sei die Versorgungssicherheit in Deutschland nicht gefährdet,
heißt es in dem Brief der Unionspolitiker an die Kanzlerin. «Zur
Wahrheit gehört aber, dass unser Selbstversorgungsgrad bei Obst und
Gemüse im Schnitt zwischen nur 22 und 38 Prozent liegt.» Die Weichen
für das Angebot ab Sommer würden jetzt gestellt.