Diskussion um Förderlücke - Differenzen in Jamaika-Koalition

Förderlücke schließen: In der Landespolitik mehren sich die Stimmen,

auch Unternehmen mit 10 bis 100 Mitarbeitern in der Corona-Krise zu
fördern. Strittig ist, ob mit Darlehen oder Zuschüssen. Die Minister
Buchholz und Heinold senden verhaltene Signale mit eigenen Akzenten.

Kiel (dpa/lno) - Die schleswig-holsteinischen Regierungsfraktionen
von CDU, Grünen und FDP sowie die oppositionelle SPD fordern
Wirtschaftshilfen wegen der Corona-Krise auch für Unternehmen mit
mehr als 10 und weniger als 100 Mitarbeitern. Hier bestehe - im
Gegensatz zu Kleinunternehmen und Einzel-Selbstständigen - eine
Förderlücke, hieß es am Dienstag in Kiel in Pressemitteilungen.
Strittig ist dabei in der Jamaika-Koalition, ob es Zuschüsse geben
sollte oder Darlehen. In der Diskussion geht es auch um 100 Millionen
Euro Landesmittel, die eigentlich für Sonderfälle bei
Kleinunternehmen gedacht waren.

Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) sagte der Deutschen
Presse-Agentur, sollten bisherige Fördermittel des Landes in Höhe von
100 Millionen Euro entsprechend umgeschichtet werden, bedürfe dies
eines neuen Kabinettsbeschlusses. Finanzministerin Monika Heinold
(Grüne) erklärte: «Bei weiteren Hilfen für unsere Wirtschaft werbe

ich für Darlehen statt für Zuschussprogramme.»

Der Bund unterstützt kleine Firmen, Solo-Selbstständige, Freiberufler
und Landwirte mit bis zu 50 Milliarden Euro. Das Land
Schleswig-Holstein flankiert dies mit 100 Millionen Euro für
Sonderfälle. Firmen mit bis zu fünf Beschäftigten bekommen eine
Einmalzahlung von 9000 Euro für drei Monate, Firmen mit bis zu zehn
Beschäftigten 15 000 Euro.

Alle Betriebe des Beherbergungsgewerbes und der Gastronomie im Norden
werden laut Buchholz von Mittwoch an bei ihren Hausbanken Kredite
beantragen können. Sparkassen und Privatbanken würden in die Lage
versetzt, Darlehen aus dem Mittelstandssicherungsfonds der
Investitionsbank Schleswig-Holstein an die besonders hart getroffenen
Betriebe auszugeben, hieß es in der Mitteilung. Dafür hatte die
Landesregierung bereits vor zwei Wochen ein Hilfspaket mit einem
Gesamtumfang von 500 Millionen Euro geschnürt.

Eine Möglichkeit wäre, dieses Programm für alle Betriebe mit bis zu
50 Mitarbeitern zu öffnen. Joschka Knuth, wirtschaftspolitischer
Sprecher der Grünen-Fraktion, hielte ein Landes-Darlehensprogramm für
Unternehmen von mit bis zu 50 Mitarbeitern jetzt für richtig - mit
einem schlanken Antragsverfahren, längeren Rückzahlungsfristen, einem
größeren Volumen als die zu kurz greifenden Soforthilfen und
unabhängig vom Alter der Unternehmen.

Für die FDP-Fraktion ist nach den Worten ihres Chefs Christopher Vogt
klar, dass es nun auch für die Unternehmen mit mehr als zehn
Mitarbeitern ein Zuschussprogramm geben sollte. «Wir haben immer
betont, dass wir als Land die Förderlücken im Bundesprogramm
schließen werden. Dafür haben wir 100 Millionen Euro, die der Landtag
bewilligt hatte, zunächst nicht verplant, die man jetzt dafür
einsetzen kann.» Die Bedingungen für die Zuschussgewährung sollten
aber auch auf diese Unternehmensgröße angepasst werden, meinte Vogt.

Lukas Kilian, wirtschaftspolitischer Sprecher der
CDU-Landtagsfraktion, äußerte Freude darüber, dass die FDP auf eine
n
CDU-Vorschlag vom 24. März jetzt eingehe. «Vom Wirtschaftsminister
wurde er zu jenem Zeitpunkt noch abgelehnt», sagte Kilian. «Wir
freuen uns, dass nun Einsicht herrscht und unserer Idee gefolgt
werden soll, mit dem Landesprogramm Lücken zu füllen, die über das
Bundesprogramm nicht abgedeckt werden können und so Zuschüsse auch
für Unternehmen mit mehr als zehn Mitarbeitern sowie Auffangregeln
für Start Ups zu ermöglichen.» Die CDU hätte sich diese Erkenntnis

der FDP schon vor einer Woche gewünscht.

In einem Brief der SPD-Landtagsfraktion an Ministerpräsident Daniel
Günther wurde ebenfalls auf die Förderlücke hingewiesen und
appelliert: «Wir möchten daher anregen, für Unternehmen in
Existenznöten zwischen zehn und 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
ein Zuschussprogramm aus den bisher nicht genutzten 100 Millionen
Euro des Hilfspakets, die ursprünglich für Soforthilfen gedacht waren
aufzulegen, damit wir diese Lücke weitestgehend schließen können. Die

bisherigen KfW-Kredite und das Gastronomie-/Hotellerie-Programm des
Landes sollten ergänzend weiterhin in Anspruch genommen werden
können.»