Anzeigenblätter: Staat soll Zustellkosten wegen Corona übernehmen

Der Staat will wegen sinkender Auflagen und gestiegener Kosten in die
Förderung der Zustellung von Zeitungen und Anzeigenblättern
einsteigen. Das Förderkonzept ist noch unbekannt. Die Anzeigenblätter
erheben jetzt noch eine weitere Forderung.

Berlin (dpa) - Verleger von Anzeigenblättern in Deutschland fordern
vom Staat die komplette Übernahme der Zeitungszustellkosten in
Corona-Zeiten. «Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie haben die
Verlage kaum mehr Einnahmen. Viele Verlage verzeichneten in den
vergangenen Wochen Verluste bei Werbeeinnahmen von 80 bis 90
Prozent», teilte der Bundesverband Deutscher Anzeigenblätter (BVDA)
am Dienstag in Berlin mit. Der Staat müsse mit einer Soforthilfe für
die Zustellkosten schnell und unbürokratisch eintreten. Der Bund
verwies auf das kürzlich beschlossene milliardenschwere
Maßnahmenpaket für die Wirtschaft.

«Da sich kostenlose Wochenzeitungen ausschließlich über
Werbeeinnahmen finanzieren, haben sie keine Möglichkeit, diese
dramatischen Umsatzrückgänge zu kompensieren», sagte
BVDA-Hauptgeschäftsführer Jörg Eggers. Wenn Verlage nicht mehr in der

Lage wären, die Zustellung aufrechtzuerhalten, würden viele der rund
200 000 angestellten Zustell-Mitarbeiter in die Grundsicherung
abrutschen, hieß es weiter. Bei der Mehrheit der Zusteller handele es
sich um geringfügig Beschäftigte.

Der Verband vertritt rund 200 Verlage in Deutschland mit fast 900
Anzeigenblatt-Titeln. Die Mitglieder decken rund 75 Prozent der
bundesweiten Gesamtauflage ab.

Das Bundesfinanzministerium ging auf Anfrage nicht auf die konkrete
Forderung der Anzeigenblätter ein und verwies zugleich auf ein
Maßnahmenpaket von historischem Ausmaß, das auf den Weg gebracht
worden sei, um Arbeitsplätze zu sichern und Firmen zu unterstützen.
Die Corona-Pandemie treffe alle Wirtschaftszweige. «Die Instrumente
des Schutzschirms sind daher so gestaltet, dass sie für Unternehmen
aller Wirtschaftszweige möglichst einfach und unbürokratisch
zugänglich sind, und schnell wirken.»

Im November hatte der Bundestag unabhängig von der Corona-Lage
bereits beschlossen, in die Förderung der Zustellung von
Tageszeitungen und Anzeigenblättern einzusteigen. Für 2020 ist eine
Förderung von 40 Millionen Euro vorgesehen. Hintergrund sind seit
Jahren sinkende Auflagen der gedruckten Zeitungen, Verlage beklagen
zudem gestiegene Kosten. Ein konkretes Konzept, wie das Geld verteilt
werden soll, ist noch nicht bekannt. Erst dann kann die Förderung
erfolgen.

Der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV)
verwies darauf, dass eine staatliche Förderung der
Zeitungszustellung, die bereits vor der Corona-Krise beschlossen
wurde, essenziell sei. «Die bisher genannte Summe im laufenden Jahr
wird dafür allerdings nicht ausreichen», sagte
BDZV-Hauptgeschäftsführer Dietmar Wolff. Er betonte, dass sich gerade
in der aktuellen Krise gezeigt habe, dass nicht nur Bereiche wie
Gesundheit und Ernährung systemrelevant seien, sondern auch die
Versorgung mit verlässlichen und glaubwürdigen Informationen.

Der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) verwies erneut
darauf, dass auch Magazine in die im November beschlossene Förderung
aufgenommen werden sollten. Die wirtschaftlichen Auswirkungen der
Corona-Pandemie betreffen demnach Zeitungen und Zeitschriften
gleichermaßen. Dabei zeige sich die enorme Bedeutung eines
finanzierbaren Presse-Zustellsystems für alle Presseverlage und
Titel, der Publikums- und Fachmagazine, der Konfessionellen Presse
und der Zeitungen. «Die Politik ist dringend gefordert, die
Zustellung der gesamten freien Presse in beiden Zustellsystemen zu
erhalten und finanziell verkraftbar auszugestalten», teilte
VDZ-Hauptgeschäftsführer Stephan Scherzer mit.