Ansturm auf Kurzarbeit in Hessen - Freie Intensivbetten

Die Zahl der Corona-Infizierten in Hessen steigt weiter und der
Ansturm auf Kurzarbeit ist gewaltig. Zugleich bekräftigen die
Krankenhäuser: Es gibt noch freie Intensivbetten

Frankfurt/Wiesbaden (dpa/lhe) - Während die Arbeitsagenturen in
Hessen in der Corona-Krise einen Ansturm auf Kurzarbeit verzeichnen,
steigt die Zahl der Infizierten weiter und Kriminelle erneuern ihre
Betrugsmaschen. Doch es gibt auch positive Nachrichten. Die
wichtigsten Themen des Tages zu Covid-19 im Überblick:

KURZARBEIT

Der von der Corona-Krise ausgelöste Ansturm auf Kurzarbeit ist in
Hessen deutlich stärker als in der Finanz- und Wirtschaftskrise
2008/2009. Allein in den beiden vergangenen Wochen seien bei den
Agenturen in Hessen rund 32 000 Anzeigen eingegangen, berichtete die
Regionaldirektion in Frankfurt. Dahinter steckt mutmaßlich ein
Vielfaches von Beschäftigten, die mit der Sozialleistung über die
corona-bedingte Zwangspause kommen müssen. Die Gewerkschaften
verlangten erneut eine einheitliche Aufstockung des Kurzarbeitergelds
durch die jeweiligen Arbeitgeber. In der von der Lehman-Pleite
ausgelösten Wirtschaftskrise 2009 betrug der Höchstwert in einem
Monat gerade einmal 1470 Anzeigen. Im Unterschied zu 2009 seien
Unternehmen fast aller Branchen und Größenklassen betroffen.

ZAHLEN STEIGEN WEITER

Die Zahl der bestätigten Infektionen mit dem Coronavirus steigt in
Hessen weiter an. Am Dienstag meldete das Sozialministerium bis 14.00
Uhr 3301 Fälle, 201 mehr als noch am Vortag. Die Zahl der Todesfälle,
die auf den Erreger Sars-CoV-2 zurückgeführt werden, stieg in der
Statistik des Ministeriums um 4 auf 18. Bei den Zahlen sind jedoch
nur solche Fälle erfasst, die von den Kommunen bis zu einem
bestimmten Zeitpunkt in eine elektronische Datenbank eingepflegt
werden. Für die Stadt Frankfurt wurden am Dienstag mit 396 Fällen
nach wie vor die meisten Infizierten gemeldet. Die wenigsten Fälle
gibt es mit 21 im nordhessischen Werra-Meißner-Kreis.

NEUE BETRUGSMASCHEN

Kriminelle haben bekannte Betrugsmaschen seit der Ausbreitung des
Coronavirus an die neue Lage angepasst. Seit Beginn der Krise
erhielten Senioren etwa Anrufe mit der Nachricht, dass ein angeblich
naher Verwandter im Krankenhaus liege und dringend Geld für die
medizinische Behandlung benötige, sagte eine Sprecherin des
Hessischen Landeskriminalamts (LKA). Dies sei eine neue Version des
sogenannten Enkeltricks, mit dem Betrüger vor allem ältere Menschen
mit Berichten über angebliche Notlagen naher Angehöriger um ihr Geld
zu bringen versuchen. Bei einer anderen Betrugsvariante wird erzählt,
Verwandte säßen im Ausland fest, könnten nicht mehr zurückfliegen u
nd
benötigten deshalb dringend Geld.

FREIE INTENSIVBETTEN

Fast alle hessischen Krankenhäuser können auf den Intensivstationen
noch Corona-Patienten aufnehmen. Landesweit sind in lediglich drei
Kliniken die Beatmungsbetten belegt, wie aus dem Online-Register der
Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und
Notfallmedizin (DIVI) hervorgeht. 7 weitere der insgesamt 51 darin
aufgeführten Krankenhäuser melden begrenzte Kapazitäten an Betten mit

invasiven Beatmungsmöglichkeiten. Auch der Gesundheitskonzern
Fresenius sprach von einer relativ entspannten Corona-Situation in
seinen deutschen Kliniken.

MIETERBUND WILL SICHERUNGSFOND

Der Deutsche Mieterbund in Hessen hat angesichts drohender
Zahlungsschwierigkeiten von Mietern in der Corona-Krise einen
Sicherungsfonds «Wohnen» gefordert. Viele Mieter würden aufgrund von

Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit befürchten, dass sie demnächst ihre
Miete nicht mehr zahlen können, teilte der Vorsitzende des Deutschen
Mieterbundes in Hessen, Gert Reeh, am Dienstag mit. «Wir wissen aber
auch, dass insbesondere Kleinvermieter wegen ihrer finanziellen
Einbußen in Schwierigkeiten geraten könnten.» Mit einem aus dem vom
Land geschnürten Rettungspaket geschaffenen Sicherungsfonds «Wohnen»

solle der Fortbestand aller Mietverhältnisse gewährleisten werden.

MEHR MUNDSCHUTZ

Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) bittet die Bevölkerung
der Stadt, während der Corona-Krise in der Öffentlichkeit
Schutzmasken für Mund und Nase zu tragen. Damit soll ein
Ansteckungsrisiko mit dem Virus verringert und die Verbreitung
verlangsamt werden. «Wenn jeder eine Maske trägt, ist allen
geholfen», sagte Kaminsky. Damit sich die Menschen selbst versorgen
können, erarbeitet die Stadt eine Nähanleitung, die bald
veröffentlicht werden soll. Wer der Devise «Do it yourself» nicht
folgen könne, für den bemühe sich die Stadt, Lösungen zu finden.

SCHNELLERE TESTS

Frankfurter Forscher haben einen Test zur schnelleren und
großflächigeren Analyse von Infektionen mit dem Coronavirus
entwickelt. «Damit wird es möglich, die von allen Wissenschaftlern
und auch Politikern geforderte Ausweitung der Testung in weitere
Bevölkerungsgruppen auch bei den begrenzten Testkit-Ressourcen früher
umzusetzen, als bisher angenommen wurde», erklärte Erhard Seifried,
Professor an der Frankfurter Goethe-Universität. Wissenschaftler des
Blutspendedienstes des Deutschen Roten Kreuzes und der Uniklinik
haben ein Verfahren entwickelt, bei dem Abstriche von mehreren
Testpersonen zusammen untersucht werden. Die Proben werden in einem
«Mini-Pool» zusammengeführt und mit Hilfe eines Genomnachweises
untersucht. Bei einem negativen Ergebnis haben alle enthaltenen
Proben ein zuverlässig negatives Ergebnis. Bei einem positiven Befund
werden Einzeltests der ursprünglichen Probe gemacht, die positive
Probe könne so innerhalb von vier Stunden identifiziert werden.

GEMEINSCHAFTSGEFÜHL STÄRKT ZUFRIEDENHEIT

Die Corona-Krise könnte nach Ansicht des Soziologen Martin Schröder
bei vielen Menschen sogar zu einer höheren Lebenszufriedenheit
führen, weil sie sich plötzlich als Teil einer Gemeinschaft sehen.
«In dem Maße, wie Menschen das Gefühl haben, Teil einer Gemeinschaft

zu sein, fühlen sie sich besser», sagte der Marburger Professor der
Deutschen Prese-Agentur. Dieses Gemeinschaftsgefühl könne gar noch
gestärkt werden, «wenn man daran appelliert und klarmacht, dass wir
diese Herausforderung nur gemeinsam bewältigen können».
Kontaktverbote und Ausgangsbeschränkungen haben nach Darstellung des
Wissenschaftlers hingegen nur geringe Auswirkungen auf den
Gemütszustand.