Ansturm auf Kurzarbeit - Arbeitslosigkeit vor Krise leicht gesunken

Experten erwarten, dass in der Corona-Krise mehr Menschen auf
Kurzarbeit angewiesen sein werden als in der Finanzkrise. Damals
stieg die Zahl bundesweit auf 1,44 Millionen. Auch die ersten Angaben
in Rheinland-Pfalz deuten auf einen möglichen neuen Rekordwert hin.

Saarbrücken/Mainz (dpa/lrs) - Angesichts starker Beschränkungen wegen
der Corona-Krise sind in Rheinland-Pfalz in den vergangenen zwei
Wochen rund 19 000 Kurzarbeit-Anzeigen eingegangen. Es handele sich
um Betriebe, die - nach eigenen Angaben - die Kurzarbeit infolge der
Ausbreitung des Coronavirus angezeigt hätten, teilte am Dienstag die
Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit in Saarbrücken mit.

Da die Daten wöchentlich ausgezählt würden, bildeten sie den Stand
zum 27. März ab, hieß es. Zum Vergleich: Im Januar gab es in
Rheinland-Pfalz nur 52 Anzeigen. «Beschäftigte, Arbeitgeberinnen und
Arbeitgeber sind verunsichert und stehen vor erheblichen
finanziellen, teils existenziellen Herausforderungen», sagte Chefin
Heidrun Schulz von der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland.

«Wir wollen die Betroffenen in dieser besonderen Situation
unterstützen und damit Entlassungen von Beschäftigten möglichst
vermeiden», betonte sie einer Mitteilung zufolge. Unabhängig vom
aktuellen Haushaltsansatz für Kurzarbeitergeld stünden in der
Rücklage aktuell bundesweit rund 26 Milliarden Euro zur Verfügung.

«Viele betroffene Unternehmen - insbesondere kleine und mittlere
Betriebe - haben sehr weitgehende Fragen», sagte Schulz. «Sie sind
das erste Mal überhaupt mit Kurzarbeit konfrontiert und suchen nach
Orientierung.» Die Bearbeitung von Leistungsfragen und
Leistungsanträgen habe absolute Priorität. «Dafür verstärken wir

unser Personal in diesen Teams zurzeit massiv», sagte sie.

Der DGB Rheinland-Pfalz/Saarland sprach von einer dramatischen
Entwicklung. «Damit zeichnet sich ab, dass nun Zehntausende Frauen
und Männer im Land in Kurzarbeit gehen müssen», sagte der Vorsitzende

Dietmar Muscheid. «Wir appellieren nochmals an die Arbeitgeber und
die Politik, das Kurzarbeitergeld aufzustocken. Mit 60 Prozent vom
letzten Nettolohn kommen die Betroffenen nicht über die Runden.»

Vor der Corona-Krise und dem Herunterfahren weiter Teile des
öffentlichen Lebens war die Arbeitslosigkeit in Rheinland-Pfalz
leicht gesunken. Das geht aus der von der Regionaldirektion
vorgelegten Statistik für März hervor. Allerdings flossen nur bis zum
Stichtag 12. März erhobene Daten ein. Die Statistik spiegele nicht
die heutige Lage auf dem Arbeitsmarkt wider, betonte die Agentur.

Es könne aufgrund der aktuellen Entwicklung wegen der Pandemie nicht
davon ausgegangen werden, dass sich der bis zum 12. März registrierte
Rückgang der Arbeitslosigkeit im April fortgesetzt habe.

Für den März - also bezogen auf den Stichtag 12. März - zählte die

Agentur 102 628 Arbeitslose im Bundesland. Das waren rund 3000
weniger als vier Wochen zuvor. Gegenüber dem Vorjahresmonat waren es
dagegen über 3500 Jobsuchende mehr. Die Arbeitslosenquote für März
dieses Jahres liegt damit der Agentur zufolge bei 4,6 Prozent. Vor
einem Monat betrug sie 4,7 Prozent, vor einem Jahr noch 4,4 Prozent.

Angesichts der seit Mitte März in weiten Teilen ruhenden Wirtschaft
blieben Neu- und Wiedereinstellungen der Arbeitsagentur zufolge
vorerst aus. Ein Stellenrückgang sei aber auch schon vor der
aktuellen Krise zu verzeichnen gewesen, hieß es. So wurden im März
den Angaben zufolge 34 661 offene Arbeitsstellen im Land gemeldet.
Das waren 12,4 Prozent weniger als ein Jahr vorher.