Soziologe: Gemeinschaftsgefühl in Krise stärkt Lebenszufriedenheit

Marburg (dpa/lhe) - Die Corona-Krise könnte nach Ansicht des
Soziologen Martin Schröder bei vielen Menschen sogar zu einer höheren
Lebenszufriedenheit führen, weil sie sich plötzlich als Teil einer
Gemeinschaft sehen. «In dem Maße, wie Menschen das Gefühl haben, Teil

einer Gemeinschaft zu sein, fühlen sie sich besser», sagte der
Marburger Professor am Dienstag der Deutschen Prese-Agentur. Dieses
Gemeinschaftsgefühl könne gar noch gestärkt werden, «wenn man daran

appelliert und klarmacht, dass wir diese Herausforderung nur
gemeinsam bewältigen können».

Kontaktverbote und Ausgangsbeschränkungen haben nach Darstellung des
Wissenschaftlers hingegen nur geringe Auswirkungen auf den
Gemütszustand. «Wenn Menschen ihre Freunde nicht mehr täglich,
sondern nur noch wöchentlich sehen können, sinkt ihre Zufriedenheit
nicht besonders viel», sagte er. Wichtig sei jedoch, dass Menschen
dabei nicht das Gefühl bekämen, keine Kontrolle mehr über ihr Leben
zu haben. Denn dann nähme die Zufriedenheit plötzlich rapide ab: «Der

Verlust von Kontrolle über sein Leben macht in etwa so stark
unzufrieden wie arbeitslos zu werden, einer der bekanntesten und auch
am stärksten negativen Effekte auf Lebenszufriedenheit.»

Schröder ist Professor am Institut für Soziologie der
Philipps-Universität Marburg. Der 39-Jährige forscht unter anderem
über Vorstellungen von sozialer Ungleichheit und Zufriedenheit. Im
vergangenen Jahr erschien sein Buch «Warum es uns noch nie so gut
ging und wir trotzdem ständig von Krisen reden».