Schleswig-Holstein nimmt Corona-Patienten aus Frankreich auf

Europäische Solidarität: Schleswig-Holstein nimmt sechs Corona-Kranke
auf. Im Norden steigt die Zahl der Toten auf neun. Die
Wirtschaftshilfen laufen auf Hochtouren, Fielmann streicht die
Dividende. Die neuen Arbeitsmarktzahlen zeigen die Krise noch nicht.

Kiel (dpa/lno) - Das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH)
wird in Kiel und Lübeck sechs Corona-Intensivpatienten aus Frankreich
behandeln. Wie das Klinikum am Dienstag mitteilte, werden die
Patienten, die beatmet werden müssen, von einer A330-Maschine des
französischen Militärs nach Hamburg geflogen und von dort in die
Krankenhäuser in Schleswig-Holstein gebracht. Das UKSH folge einem
Aufruf von Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP), hieß es.

«Gegenseitige Unterstützung erfüllt gerade jetzt die Idee von Europa:

Helfen ist ein Gebot der Menschlichkeit, Patienten aus den Ländern
aufzunehmen, die über keine Kapazitäten zur Versorgung mehr
verfügen», sagte UKSH-Vorstandschef Jens Scholz. Am Klinikum
arbeiteten 14 500 Menschen, darunter mehr als 1000 Mitarbeiter aus
120 Nationen. Der französische Generalkonsul in Hamburg, Laurent
Toulouse, habe sich in einer Grußbotschaft beim UKSH bedankt. Dort
werden derzeit 18 auf Covid-19 positiv getestete Patienten versorgt,
sieben von ihnen intensivmedizinisch. Bis Mitte April verdoppelt das
UKSH seine Intensivkapazitäten von 172 auf 362 Betten.

Unterdessen hat sich die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit dem
neuartigen Coronavirus in Schleswig-Holstein um zwei auf neun erhöht.
Es handle sich um einen 80 Jahre alten Mann im Kreis Plön und eine 78
Jahre alte Frau im Kreis Rendsburg-Eckernförde, teilten die
Landesregierung und die Kreise mit. Beide Corona-Opfer hatten den
Angaben zufolge schwere Vorerkrankungen und starben in
Krankenhäusern.

Die Zahl der gemeldeten Infektionen in Schleswig-Holstein hat sich
bis einschließlich Montag um 82 auf 1135 erhöht. Das ist ein Anstieg
um 7,2 Prozent. 146 Menschen sind oder waren demnach seit Beginn der
Pandemie in klinischer Behandlung und damit 18 mehr als nach der
Meldung vom Vortag.

Die Folgen der Krise für den Arbeitsmarkt können frühestens im
nächsten Monatsbericht dokumentiert werden. Das sagte die Chefin der
Regionaldirektion Nord der Bundesagentur für Arbeit, Margit
Haupt-Koopmann, am Dienstag bei der Vorstellung der Märzzahlen.

Am Nachmittag will die Arbeitsagentur berichten, wie sich die
Kurzarbeit im Zuge der Corona-Pandemie entwickelt hat. Experten
rechnen mit einem kräftigen Anstieg der Anträge. Bis zum 20. März
hatten rund 1400 Betriebe Kurzarbeit im Norden angemeldet.

Die Bearbeitung von Anträgen kleiner Betriebe auf staatliche
Zuschüsse läuft in Schleswig-Holstein weiter auf Hochtouren. Nach
Angaben des Wirtschaftsministeriums wurden bis Dienstag 9.30 Uhr von
30 000 eingegangenen Anträgen 1310 Anträge bewilligt. Bisher wurden
11,7 Millionen Euro Hilfsgelder ausgezahlt.

Der Bund unterstützt kleine Firmen, Solo-Selbstständige, Freiberufler
und Landwirte mit bis zu 50 Milliarden Euro. Das Land
Schleswig-Holstein flankiert dies mit 100 Millionen Euro für
Sonderfälle. Firmen mit bis zu fünf Beschäftigten bekommen eine
Einmalzahlung von 9000 Euro für drei Monate, Firmen mit bis zu zehn
Beschäftigten 15 000 Euro.

Die Optikerkette Fielmann, deren Gründer Günther Fielmann Ehrenbürger

Schleswig-Holsteins ist, setzt wegen der wirtschaftlichen
Auswirkungen der Pandemie ihre Dividende für 2019 aus. Der Konzern
begründete dies am Dienstag mit den zu erwartenden negativen
Auswirkungen auf Absatz, Umsatz und Gewinn.

Ein Corona-Infizierter im Kreis Rendsburg-Eckernförde hat nach
Angaben der Behörden die häusliche Quarantäne verlassen und zu
mindestens drei Menschen Kontakt gehabt. Das sagte eine Sprecherin
des Kreises der Deutschen Presse-Agentur. Der Mann habe
möglicherweise noch mehr Personen getroffen, dies werde derzeit
überprüft. Zuvor hatten andere Medien über den Fall berichtet. Dem
Mann droht mindestens ein Bußgeld, möglicherweise aber auch eine
Strafanzeige, sollten weitere Verstöße bekannt werden, sagte die
Sprecherin.

Erzbischof Stefan Heße dankte den Landesregierungen von Hamburg,
Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein für ihr bisheriges
Handeln in der Krise. Wie das Erzbistum Hamburg mitteilte, habe Heße
in Schreiben an Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD),
Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) und Ministerpräsident
Daniel Günther (CDU) das «umsichtige, konsequente und transparente
Handeln» ihrer Landesregierungen gewürdigt. «Das lässt mich hoffen,

dass wir einen guten Weg durch die Krise finden werden», schrieb er
nach Angaben des Erzbistums.