RKI: Coronavirus-Sterberate in Deutschland wird steigen

Am Anfang der Pandemie waren in Deutschland viele jüngere und fitte
Menschen betroffen - Reiserückkehrer aus Skigebieten zum Beispiel.
Seit das Virus auch in Alten- und Pflegeheime umgeht, ändert sich
das. Das wird Folgen haben.

Berlin (dpa) - Das Robert Koch-Institut (RKI) rechnet mit einer
Erhöhung der Coronavirus-Sterberate in Deutschland. Im Moment liege
die Rate bei 0,8 Prozent, sagte RKI-Präsident Lothar Wieler am
Dienstag in Berlin. «Die Meldungen haben aber einen Zeitverzug. Die
Menschen sterben erst nach einem gewissen Krankheitsverlauf»,
erläuterte er. «Wir haben jetzt ja auch leider Fälle in Pflege- und
Altenheimen. Wir müssen leider davon ausgehen, dass die Sterberate
damit ansteigen wird.»

Pro Woche würden rund 350 000 Menschen in Deutschland getestet, sagte
Wieler. Mehr sei im Moment mit herkömmlichen Tests nicht möglich. Mit
handfesten Zahlen zur bundesweiten Entwicklung der Pandemie rechnet
er in wenigen Wochen. Bis Ostern lasse sich wahrscheinlich ein Trend
ablesen, ergänzte er.

Wenn die Kapazität der Tests auf das Virus weiterhin beschränkt
bleibe, müsse der Bundesgesundheitsminister Prioritäten festlegen,
forderte Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung
Patientenschutz am Dienstag. «Gerade Pflegebedürftige in Heimen und
Altenpflegekräfte müssen stärker in den Blick genommen werden. Hier
leben die Menschen auf dem engsten Raum, die wir schützen wollen.»

Die aus den vom RKI erfassten Fällen errechnete Sterberate liegt in
Deutschland bisher deutlich niedriger als in der Europäischen Union
insgesamt mit etwa 7,6 Prozent. Den Grund für die momentan noch
moderate Quote sieht Wieler in frühen und vielen Tests. Deshalb seien
in Deutschland auch viele leichte Fälle registriert, die nicht zum
Tod führten. Bislang liege das Durchschnittsalter der Infizierten bei
47 Jahren.

In Deutschland sind bis Dienstagvormittag
62 608 Infektionen mit dem neuen Coronavirus registriert worden.
Mindestens 565 mit Sars-CoV-2 Infizierte sind bislang bundesweit
gestorben. Das geht aus einer Auswertung der Deutschen Presse-Agentur
hervor, die die gemeldeten Zahlen der Bundesländer berücksichtigt.
Die Verteilung bleibt regional sehr unterschiedlich. Mehr als 16 000
Menschen gelten laut RKI bundesweit aber auch schon wieder als
genesen.

Die thüringische Stadt Jena plant in der Coranavirus-Pandemie eine
Maskenpflicht. Ziel sei es, die Sicherheit des Personals im
öffentlichen Leben zu erhöhen. An die Bevölkerung erging die
Bitte: «Nähen Sie sich selbst und anderen Menschen den wichtigen
Mund-Nasen-Schutz, um die Verbreitung des Virus einzudämmen.» Auch
Tücher oder Schals als Schutz seien möglich, wenn sie Nase und Mund
bedeckten.

Das Robert Koch-Institut hält selbstgebastelten Mund- und Nasenschutz
zum Schutz anderer Menschen für hilfreich. «Es hängt vom Material
ab», schränkte RKI-Präsident Lothar Wieler am Dienstag aber ein. Doch

auch ein selbstgebauter Schutz halte Tröpfchen zurück, wenn man huste
und niese. «Deswegen ist er für den Schutz von anderen von Relevanz.»

Deutlich zu unterscheiden sei ein einfacher Mund-Nasen-Schutz von den
virenabhaltenden Profi-Masken, die im medizinischem Bereich
eingesetzt würden. Sie können auch die Träger selbst vor Infektionen

schützen.

Der Nutzen von einfachem Mund-Nasenschutz bleibt aber umstritten: Die
Weltgesundheitsorganisation (WHO) sieht darin zum Beispiel keinen
Nutzen. Es gebe keinerlei Anzeichen dafür, dass damit etwas gewonnen
wäre, sagte der WHO-Nothilfedirektor Michael Ryan am Montag in Genf.
Vielmehr gebe es zusätzliche Risiken, wenn Menschen die Masken falsch
abnähmen und sich dabei womöglich infizierten.