Schwere Rezession vorhergesagt - Sorge um Infektionen in Pflegeheimen

Wie tief kann die deutsche Wirtschaft in der Corona-Krise fallen?
Ziemlich tief, befürchten die so genannten Wirtschaftsweisen schon
jetzt. Und das ganze Ausmaß der Pandemie ist noch gar nicht absehbar.
Deutschen Virologen bereitet gerade eine neue Entwicklung Sorgen.

Berlin (dpa) - Die deutsche Wirtschaft wird infolge der Corona-Krise
nach Einschätzung des Sachverständigenrats deutlich einbrechen. Die
«Wirtschaftsweisen» sagen im günstigsten Fall ein Minus von 2,8
Prozent beim Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr voraus. Während die
Infektions- und Todeszahlen auch in Deutschland weiter steigen, hält
die Debatte über einen Ausstieg aus den Beschränkungen des
Alltagslebens an. Sorgen bereiten immer mehr Infektionen und
Todesfälle in Alten- und Pflegeheimen. Der Virologe Christian Drosten
spricht von einer neuen Phase in der Epidemie. Auch ein dritter Test
auf das Coronavirus bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) war
negativ.

SCHWERE REZESSION DURCH CORONA-KRISE VORHERGESAGT

Die «Wirtschaftsweisen» halten eine schwere Rezession in Deutschland
durch die Folgen der Coronavirus-Krise für unvermeidbar. Die deutsche
Wirtschaft werde 2020 deutlich schrumpfen, heißt es in einem am
Montag vorgelegten Sondergutachten des Sachverständigenrates zur
Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Wie schlimm es
genau kommt, sei noch unklar. Als wahrscheinlichste Entwicklung sehen
die Ökonomen derzeit eine Normalisierung der wirtschaftlichen Lage
über den Sommer, so dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) unter dem
Strich in diesem Jahr um 2,8 Prozent schrumpft. Zum Vergleich: 2009
war die größte europäische Volkswirtschaft in der globalen
Finanzkrise um 5,7 Prozent eingebrochen.

KEIN ENDE DER CORONA-BESCHRÄNKUNGEN ABSEHBAR

Eine Woche nach ihrer Einführung ist kein schnelles Ende der
Kontaktbeschränkungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie in Sicht.
«Wir brauchen alle Maßnahmen unvermindert», betonte am Montag
Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Solange sich die
Ausbreitung des Virus in Deutschland nicht deutlich verlangsamt, will
die Bundesregierung keinen Zeitplan für eine schrittweise Rückkehr
zur Normalität vorlegen.

INFEKTIONS- UND TODESZAHLEN STEIGEN WEITER

In Deutschland sind bis Montagnachmittag 61 296 Infektionen mit dem
neuen Coronavirus registriert worden. Das geht aus einer Auswertung
der Deutschen Presse-Agentur hervor, die die gemeldeten Zahlen der
Bundesländer berücksichtigt. Besonders hohe Zahlen haben Bayern mit
14 437 nachgewiesenen Fällen und 133 Toten und Nordrhein-Westfalen
mit mindestens 14 219 Fällen und 125 Toten. Mindestens 512 mit
Sars-CoV-2 Infizierte sind den Angaben zufolge bislang bundesweit
gestorben.

HÄUFUNG VON CORONAVIRUS-FÄLLEN IN PFLEGEHEIMEN BEREITET SORGEN

Coronavirus-Fälle in deutschen Pflegeheimen markieren aus Sicht des
Virologen Christian Drosten eine neue Phase, die auch mit mehr
Todesfällen einhergeht. Bisher habe Deutschland auch ein bisschen
Glück gehabt, sagte Drosten am Montag im NDR-Podcast. Infiziert
hätten sich zunächst vor allem jüngere Leute im Urlaub und die
Krankheit in ihren etwa gleichaltrigen Netzwerken verbreitet. In
einem Alten- und Pflegeheim in Wolfsburg sind bereits 17 infizierte
Menschen gestorben, in einem Heim in Würzburg waren es bilang 13.

RUND 7000 CORONA-PATIENTEN IN DEUTSCHEN KRANKENHÄUSERN

In den Krankenhäusern in Deutschland werden momentan rund 7000
Menschen mit Covid-19 behandelt. Davon befinden sich rund 1500
Patienten auf Intensivstationen, von denen etwa 1100 beatmet werden
müssen. Das teilte am Montag die Deutsche Krankenhausgesellschaft
(DKG) auf Nachfrage mit. «Wir haben es geschafft, die so wichtigen
Beatmungsplätze im Bereich der Intensivmedizin von ehemals 20 000
Plätzen auf zwischenzeitlich 30 000 zu steigern», sagte DKG-Präsident

Gerald Gaß. Die Bundesregierung hatte 10 000 neue Geräte bestellt.

AUCH DRITTER CORONA-TEST BEI MERKEL NEGATIV

Auch beim dritten Test auf das Coronavirus ist bei Kanzlerin Angela
Merkel (CDU) keine Infektion festgestellt worden. Das teilte ein
Regierungssprecher am Montag in Berlin mit. Er ergänzte: «Die
Bundeskanzlerin wird auch in den nächsten Tagen die Dienstgeschäfte
aus ihrer häuslichen Quarantäne wahrnehmen.» Merkel hatte sich am 22.

März in häusliche Quarantäne begeben.

BEREITS 175 000 DEUTSCHE AUS AUSLAND ZURÜCKGEHOLT

Von den etwa 200 000 wegen der Corona-Krise im Ausland gestrandeten
Deutschen sind 175 000 wieder zu Hause. «Diejenigen, die noch im
Ausland sind, bitten wir weiter um Geduld», schrieb Außenminister
Heiko Maas (SPD) am Montag auf Twitter. Er hatte vor zwei Wochen eine
Rückholaktion gestartet, um zusammen mit Reiseveranstaltern und der
Lufthansa deutsche Reisende aus den Ländern auszufliegen, aus denen
es keine regulären Flüge mehr gibt.

FORDERUNG NACH WEITEREN HILFEN WIRD LAUT

Nur wenige Tage nach der Verabschiedung der Milliarden-Hilfspakete
zur Bewältigung der Folgen der Corona-Krise wird der Ruf nach
weiteren Maßnahmen laut. Der Handelsverband Deutschland forderte
schnelle und unbürokratische Hilfen für mittelständische Händler,
damit die Mietzahlungen sie nicht in den Ruin treiben. HDE-Präsident
Josef Sanktjohanser warnte, mittelständische Händler fielen bislang
bei den Hilfsprogrammen durch das Raster.

WICHTIGE ARBEITER SOLLEN ÜBER EU-GRENZEN KOMMEN

Zehntausende Erntehelfer und Altenpflegerinnen sollen nach neuen
Leitlinien der EU-Kommission möglichst freie Fahrt an Europas
Binnengrenzen haben. Sie sollten wie Ärzte, Feuerwehrleute,
Polizisten, Lastwagenfahrer, Beschäftigte der Lebensmittelbranche und
einige andere Berufe als «systemrelevant» eingestuft werden, erklärte

die Brüsseler Behörde.

NEUER TERMIN FÜR OLYMPIA STEHT

Die wegen der Corona-Pandemie ins nächste Jahr verlegten Olympischen
Spiele sollen vom 23. Juli bis zum 8. August 2021 ausgetragen werden
- also fast auf den Tag genau ein Jahr nach dem ursprünglichen
Termin. Das gaben die japanischen Organisatoren und das IOC am Montag
bekannt. Ursprünglich sollten die Sommerspiele vom 24. Juli bis zum
9. August dieses Jahres abgehalten werden.

PRINZ CHARLES IST WIEDER GESUND

Der britische Thronfolger Prinz Charles (71) ist nach seiner
überstandenen Corona-Infektion aus der Selbstisolation entlassen
worden. Das teilte ein Sprecher seiner Residenz Clarence House am
Montag in London mit. Der älteste Sohn von Königin Elizabeth II. (93)
hatte nur milde Symptome gezeigt. Er hatte während seiner Isolation
weiter gearbeitet und unter anderem Telefonkonferenzen geführt.