Woidke will längere Ausgehbeschränkung - Ausschuss für Rettungsschirm

Die Brandenburger sollten das Kontaktverbot nicht locker nehmen -
Regierungschef Woidke ruft dazu auf, sich dran zu halten. Das
Kabinett entscheidet über eine Verlängerung über Ostern hinaus. Der
geplante Schutzschirm für Hilfen hat eine Hürde genommen.

Potsdam (dpa/bb) - Eine Woche nach dem Beginn der drastischen
Ausgehbeschränkungen zum Schutz vor dem Coronavirus hat Brandenburgs
Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) eine Verlängerung über Ostern

angekündigt. «Die bisher gültigen Festlegungen unter anderem zum
Aufenthalt im öffentlichen Raum werden vom 6. bis 19. April
verlängert», teilte die Staatskanzlei am Montag mit. Das Kabinett
berät an diesem Dienstag darüber und über einen Bußgeldkatalog fü
r
Verstöße. Woidke appellierte an die Bürger, nicht nachzulassen: «Al
le
Menschen sind weiter dazu aufgerufen, die physischen und Kontakte zu
anderen Menschen außerhalb der Angehörigen des eigenen Hausstands auf
ein absolut nötiges Minimum zu reduzieren», erklärte er.

Die Brandenburger dürfen seit vergangenem Montag draußen nur allein,
mit Angehörigen aus dem eigenen Haushalt oder einer Person außerhalb
des Haushalts bei 1,5 Metern Abstand unterwegs sein. Für das Betreten
öffentlicher Orte gibt es Ausnahmen wie Arbeit, Einkaufen,
Arztbesuche oder dringende Behördentermine.

RETTUNGSSCHIRM: Der geplante Schutzschirm von zwei Milliarden Euro
rückt näher. Der Haushaltsausschuss des Landtags beschloss
einstimmig, den bisher geplanten Kredit von einer Milliarde Euro zu
verdoppeln. Die Hilfen sind unter anderem für kleine Unternehmen, für
Eltern wegen geschlossener Kitas, für Krankenhäuser, für die
Flughafengesellschaft und zur Unterstützung polnischer Pendler
vorgesehen. Der Landtag entscheidet am Mittwoch darüber.
Finanzministerin Katrin Lange (SPD) sagte: «Wir befinden uns (...) in
der schwersten Krise, die dieses Land jemals hatte seit Bestehen.»
Die Linksfraktion fordert einen Schutzschirm für den Sozialstaat.

UNTERNEHMEN: Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) rief die
Unternehmen dazu auf, «positiv nach vorne zu blicken und nicht den
Kopf in den Sand zu stecken». Rund 47 500 Anträge auf Corona-Hilfe
gingen bei der Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) bisher
ein, wie ILB-Sprecherin Ingrid Mattern mitteilte. Problematisch für
die weitere Bearbeitung seien vor allem unvollständige oder fehlende
Unterlagen. Bisher seien bereits 7,5 Millionen Euro Hilfsmittel
ausgezahlt worden. Die Landesregierung hatte zunächst mit 45 000
Anträgen bei 30 000 Euro Hilfe im Schnitt kalkuliert.

INFIZIERTE: Die Zahl nachweislich mit dem neuartigen Coronavirus
infizierter Menschen stieg auf 846 (Stand: Montag 8.00 Uhr).
Innerhalb von 24 Stunden kamen 104 neue Fälle hinzu, teilte das
Gesundheitsministerium mit. Bisher starben vier Menschen.

SCHUTZAUSRÜSTUNG: Die Landesärztekammer warnt vor Ausfällen durch
Quarantäne und fordert mehr Atemmasken und Schutzkittel. «Jeden Tag
haben wir die Aufgabe, zahlreiche schwerkranke und chronisch kranke
Menschen zu versorgen», erklärte Präsident Frank-Ullrich Schulz. «D
as
müssen und wollen wir mit dem geringstmöglichen Infektionsrisiko für

Mitarbeiter und Patienten leisten.» Brandenburg erhielt vom Bund am
Sonntag unter anderem rund 188 000 Operationsmasken und knapp 4000
Atemschutzmasken.

DESINFEKTIONSMITTEL: Der Chemiekonzern BASF beginnt am Standort
Schwarzheide (Oberspreewald-Lausitz) den Probebetrieb von
Hand-Desinfektionsmittel als Reaktion auf Engpässe. «Wir haben die
große Herausforderung, wenn es klappt, dass wir weiterhin Nachschub
bei den Rohstoffen bekommen, davon hängt alles ab», sagte ein
Sprecher. Wenn die Produktion funktioniere, erfolge an diesem
Dienstag in Abstimmung mit dem Landkreis die Verteilung. Ziel seien
vorrangig Kliniken und Krankenhäuser im regionalen Umfeld.

KITAS: Für die Notbetreuung in Kindergärten und Horten gilt seit
Montag eine neue Regelung. Danach können auch Kinder in Betreuung,
bei denen nur ein Elternteil im Gesundheits- oder Pflegebereich
arbeitet. «Brandenburg braucht jetzt alle Menschen, die im
Gesundheits- und Pflegebereich arbeiten», erklärte
SPD-Generalsekretär Erik Stohn. Bisher hatten Familien ein Anrecht,
wenn beide Eltern in einem systemrelevanten Beruf arbeiten. Die
Zwei-Eltern-Regelung ist ausgeweitet auf weitere Bereiche wie Medien.

HANDYORTUNG: Die Landesdatenschutzbeauftragte Dagmar Hartge steht
einer Handy-Ortung von Infizierten kritisch gegenüber. Sie sehe die
Verwendung der Standortdaten von Mobilfunknutzern angesichts einer
weiteren Einschränkung von Freiheitsrechten grundsätzlich skeptisch,
erklärte Behördensprecher Sven Müller. Bundesgesundheitsminister Jens

Spahn (CDU) wollte Behörden erlauben, Kontaktpersonen von Erkrankten
mit Handy-Standortdaten zu ermitteln und sie im Verdachtsfall zu
kontaktieren. Dies zog er nach Kritik zurück.