Polen: Bürgermeister und Gemeindechefs gegen Präsidentenwahl im Mai

Warschau (dpa) - In Polen protestieren die Bürgermeister vieler
Städte und Gemeinden gegen die Absicht der nationalkonservativen
PiS-Regierung, die Präsidentenwahl am 10. Mai trotz der
Corona-Pandemie abzuhalten. «Im Gespräch mit Regierungschef Mateusz
Morawiecki habe ich klar gesagt, dass nach meiner Einschätzung (...)
die Wahl mit Blick auf die Sicherheit der Bevölkerung nicht zum
geplanten Termin stattfinden kann», schrieb der Warschauer
Oberbürgermeister Rafal Trzaskowski am Montag nach einer
Videokonferenz der kommunalen Verwaltungschefs mit dem
Ministerpräsidenten in den sozialen Netzwerken.

Die Bürgermeister von Wroclaw, Sopot und Gdynia und anderer Städte
äußerten sich ähnlich. Unter anderem haben sie die Sorge, Wähler un
d
Wahlhelfer könnten sich mit dem neuartigen Coronavirus anstecken. In
Polen haben Schutzmaßnahmen gegen eine Ausbreitung des Coronavirus
das öffentliche Leben zum Stillstand gebracht. Es gilt ein
Versammlungsverbot. Trotzdem hält die PiS-Regierung bislang an dem
Wahltermin fest. Amtsinhaber Andrzej Duda führt in allen Umfragen.

Am Wochenende nutzten die Nationalkonservativen ihre absolute
Mehrheit im Parlament, um in erster Lesung gemeinsam mit einem
Milliarden-Hilfspaket für die Wirtschaft noch eine Änderung des
Wahlrechts zu verabschieden. Laut Gesetzentwurf sollen
Wahlberechtigte in Quarantäne und Bürger ab 60 Jahren über den neuen

Präsidenten per Briefwahl abstimmen dürfen. Anders als in Deutschland
gibt es in Polen keine allgemeine Option für die Briefwahl.

Der Entwurf geht jetzt an den Senat, die zweite Kammer des
Parlaments. Dort dominiert die Opposition. Die PiS kann jedoch
Änderungsvorschläge des Senats mit ihrer Mehrheit in der ersten
Kammer des Parlaments überstimmen.