Regierung sieht keine Anzeichen für Lockerung von Corona-Maßnahmen

Millionen im Homeoffice, Rausgehen maximal zu zweit - das wird sich
so schnell nicht ändern. Die gute Nachricht: Auch für eine
Verschärfung der Corona-Maßnahmen sieht die Bundesregierung keinen
Grund - anders als im Nachbarland.

Berlin (dpa) - Eine Woche nach ihrer Einführung ist kein schnelles
Ende der Kontaktbeschränkungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie in
Sicht. «Wir brauchen alle Maßnahmen unvermindert», betonte
Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Solange sich
die Ausbreitung des Virus in Deutschland nicht deutlich verlangsamt,
will die Bundesregierung keinen Zeitplan für eine schrittweise
Rückkehr zur Normalität vorlegen. Weitere Verschärfungen sind
zunächst aber ebenfalls nicht geplant.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wäre die Erste, die gerne eine
Lockerung der strikten Maßnahmen verkünden würde, sagte Seibert. Sie

sei aber überzeugt, dass es falsch wäre, jetzt Hoffnungen zu wecken,
die dann nicht erfüllt werden könnten. Merkel und die
Ministerpräsidenten haben sich für Mittwoch zu einer Telefonkonferenz
verabredet, wo sie auch eine gemeinsame Bestandsaufnahme vornehmen
wollen.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) berichtete, in seinem
Bundesland zeigten die Ausgangsbeschränkungen erste Wirkung: «Die
Kurve flacht ab», sagte er. Derzeit verdopple sich die Zahl der
Infizierten alle 5 Tage, vor den Maßnahmen sei das alle 2,8 Tage
passiert. Trotzdem verlängerte Bayern seine Ausgangsbeschränkungen
bis zum Ende der Osterferien am 19. April - und passte sich damit
anderen Bundesländern an. Die saarländische Landesregierung
verlängerte die Ausgangsbeschränkungen bis 20. April. In Brandenburg
sollen die Ausgehbeschränkungen bis zum 19. April ausgeweitet werden,
Sachsen will die Ausgangsbeschränkungen bis 20. April verlängern.

Es gebe keinen Anlass zu Entwarnung, betonte Söder, es sei deshalb
nicht die Zeit für einen vorschnellen Ausstieg oder eine
entsprechende Debatte. «Eine Exit-Debatte, so verständlich sie sein
mag, ist jetzt zur Unzeit.» Wie bei anderen Krankheiten gelte: Wer zu
früh aufstehe, der riskiere einen Rückfall.

Die FDP forderte dennoch schon jetzt eine klare Strategie für die
spätere Rückkehr zur Normalität. Die Bürger akzeptierten die
Maßnahmen. Doch «eine klare geschlossene Kommunikation der Regierung
und das Signal, dass man wirklich alles unternimmt, um
schnellstmöglich zur Normalität zurückzukehren, könnte diese
Akzeptanz länger erhalten», sagte der Parteivorsitzende Christian
Lindner. «Uns geht es jetzt nicht um Termine.» Eine koordinierte
Strategie und klare Kommunikation seien aber wichtig.

Kanzlerin Angela Merkel und Kanzleramtschef Helge Braun (beide CDU)
hatten zuletzt bereits deutlich gemacht, dass schnelle Lockerungen
der Kontaktbeschränkungen für Bürger noch nicht im Raum stehen.
Zugleich steht aber wohl auch keine weitere Verschärfung an - wie
etwa im Nachbarland Österreich. Dort soll ab Mittwoch voraussichtlich
Mundschutz bei Einkäufen zur Pflicht werden. Ähnliche Pläne für
Deutschland gebe es nicht, gab Seibert zu verstehen. Mundschutz könne
sinnvoll sein, um andere Menschen nicht anzustecken. Er könne aber
auch leicht ein falsches Gefühl der eigenen Sicherheit vermitteln,
warnte der Regierungssprecher.

Auch die CDU-Spitze warnte davor, schon jetzt über ein Ende der
Maßnahmen zu diskutieren. Bei der Reduzierung der Infiziertenzahl sei
man noch nicht da, wo man hin wolle, hieß es aus Parteikreisen. Erst
wenn sich die Zahl der Infizierten nur noch alle zehn Tage
verdoppele, sei man auf dem richtigen Weg.

Der Deutsche Städtetag zeigte Verständnis für die Einschätzung aus

der Regierung. Deutschland könne den Ausnahmezustand aber nicht
monatelang durchhalten, sagte Verbandspräsident Burkhard Jung. «Wir
brauchen danach Strategien der Lockerung, eventuell auch erneuter
Zügelung und möglicherweise noch gezieltere Maßnahmen, bis wir nach
einigen Monaten wieder zur Normalität zurückkehren können.»

Für Menschen, die eine Corona-Ansteckung überwunden haben, sollte
nach Auffassung der Bundesärztekammer die Kontaktsperre gelockert
werden. Dafür wäre es gut, möglichst viele Bundesbürger auf
Antikörper zu testen. «Alle, die immun sind, weil sie die Infektion
schon hinter sich haben, könnten dann wieder zur Arbeit gehen und am
gesellschaftlichen Leben teilnehmen», sagte Ärztekammerpräsident
Klaus Reinhardt der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (Dienstag).

Bis die ersten Schulen in Deutschland wieder öffnen, wird es nach
Einschätzung von Weltärztepräsident Frank Ulrich Montgomery
allerdings dauern. «Wenn sich die Zahlen weiter so entwickeln wie
jetzt, sollten wir im Mai damit rechnen können», sagte er der
«Bild»-Zeitung. Das gelte für Regionen, die nicht extrem belastet
seien. Außerdem müsse man sich die Möglichkeit vorbehalten, die
Schulen bei Bedarf wieder zu schließen.