Thomas, Kluge und Co.: Stimmen gegen Tour-Austragung mehren sich Von Christoph Sicars, dpa

Während die Olympischen Spiele und die Fußball-EM wegen der
Corona-Krise ins Jahr 2021 verschoben wurden, halten die Veranstalter
der Tour de France noch am Termin für 2020 fest. Aber die Kritiker
werden mehr.

Berlin (dpa) - Auch Ex-Champion Geraint Thomas kommt das Szenario
gespenstisch vor. Eine Tour de France ohne Zuschauer am Streckenrand?
Ein Geister-Rennen beim bedeutendsten Radsportevent der Welt? Nein,
das kann sich der 33 Jahre alte Waliser beim besten Willen nicht
vorstellen. «Ohne die Fans wäre es nicht die Tour», sagte der
Gesamtsieger der Frankreich-Rundfahrt 2018 der britischen Zeitung
«The Daily Telegraph» und ergänzte: «Ich möchte einfach wieder
fahren, von daher würde ich es lieben, dabei zu sein. Aber nur, wenn
es sicher ist.»

Während das Internationale Olympische Komitee (IOC) und die
Europäische Fußball-Union (UEFA) letztlich doch noch zur Einsicht
kamen, die Spiele in Tokio und die EM aufgrund der
Coronavirus-Pandemie nicht diesen Sommer stattfinden zu lassen und
ins Jahr 2021 zu verschieben, bleiben die Tour-Veranstalter hart.
Bisher halten sie an der Austragung vom 27. Juni bis 19. Juli fest.

Laut Medienberichten überlegen Tour-Veranstalter ASO um Rennchef
Christian Prudhomme und Frankreichs Sportministerin Roxana
Maracineanu, die 107. Frankreich-Rundfahrt mit erheblichen
Einschränkungen für die Öffentlichkeit durchzuziehen anstatt sie zu
verschieben.

«Die Tour durchzuführen hat höchste Bedeutung», sagte Maracineanu v
or
kurzem und verwies sowohl auf die wirtschaftliche als auch kulturelle
Wichtigkeit des Rennens. So könnte die Tour, die jährlich von zehn
bis zwölf Millionen Radsport-Fans am Straßenrand verfolgt und von
rund 29 000 Sicherheitskräften begleitet wird, in diesem Jahr ohne
Werbekarawane oder ohne Tour-Dorf vor jeder Etappe stattfinden. Zudem
könnten die Zuschauer im Start- und Zielbereich, ähnlich wie bei
Paris-Nizza Mitte März, ausgeschlossen werden.

Die Zahl der Skeptiker und Kritiker einer möglichen Geister-Tour wird
jedoch größer. «Ich sehe die Chancen sehr gering, dass die Tour
stattfindet. Die grundlegenden Voraussetzungen sind nicht da
zurzeit», sagte der Berliner Lotto-Soudal-Profi Roger Kluge der
«Bild»-Zeitung (Montag).

Auch Ex-Sprintkönig Marcel Kittel reiht sich in den Reihen der
Kritiker ein. «Das wäre völlig unvernünftig. Das hieße ja, wir de
nken
über eine Tour nach, die in einer Zeit durch Frankreich rollen würde,
in der sich das Coronavirus noch weiter ausbreiten würde», sagte der
14-fache Etappensieger den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.