Indien will wegen Corona-Pandemie Wanderarbeiter isolieren

Neu Delhi (dpa) - In Indien sollen Zehntausende Wanderarbeiter
isoliert werden, um die Coronavirus-Pandemie einzudämmen. Die
Menschen haben sich zu Fuß auf den Weg aus Städten in ihre oft
Hunderte Kilometer entfernten Heimatdörfer gemacht, nachdem sie wegen
einer dreiwöchigen Ausgangssperre ihr Einkommen verloren hatten. Sie
waren auch plötzlich gestrandet, weil keine Züge und Busse mehr in
Richtung ihrer Dörfer fahren. Indien ist nach China das
bevölkerungsreichste Land der Erde.

Mit einer der größten Massenwanderung in Indiens jüngster Geschichte

droht die Gefahr, dass sich das Virus bis in die entlegensten Orte
verbreitet. Um dies zu verhindern, hat die Regierung am Sonntag die
Bundesstaaten aufgefordert, die Grenzen zu schließen, zurückkehrende
Tagelöhner zu versorgen und zu isolieren.

Einige Orte griffen zu drastischen Maßnahmen, mehrere Dörfer wiesen
die Zurückkehrenden nach ihren langen Märschen gar ab, wie lokale
Medien berichteten. In einem Dorf im Bundesstaat Westbengalen etwa
schickten die Bewohner sieben Tagelöhner zur Isolation auf Bäume.
Dort hätten sich diese Baumhäuser gebaut, sagte ein lokaler
Behördenmitarbeiter der Deutschen Presse-Agentur. Das Essen hätten
die Familien der Wanderarbeiter gebracht, sagte einer der Betroffenen
der Zeitung «The New Indian Express»: «Wir lassen unsere
Familienmitglieder nicht einmal das Besteck waschen. Wir waschen es
mit Seife, lassen es am Boden und klettern wieder hoch.» Im
Bundesstaat Uttar Pradesh ließen Behörden einige Rückkehrer mit einem

Mix aus Chlor und Wasser besprühen, um sie zu desinfizieren, hieß es.

Zuvor hatte sich Indiens Premierminister Narendra Modi bei den armen
Menschen entschuldigt, weil sie wegen der Ausgangssperre Notlagen
erleiden. Er betonte, er habe im Kampf gegen das Coronavirus aber
keine andere Wahl gehabt. Modis Regierung hatte vergangene Woche ein
Rettungspaket für die 800 Millionen armen Menschen angekündet, das
ihnen Essensrationen und Geld zusichern sollte. Viele Tagelöhner
haben sich aber trotzdem auf den Weg in ihre Heimatdörfer gemacht.

Inzwischen gibt es in Indien nach Angaben des Gesundheitsministeriums
mehr als 1000 bekannte Corona-Fälle, darunter 29 Tote. Gemessen an
den 1,3 Milliarden Einwohnern im Land ist das verhältnismäßig wenig.

Indien hat allerdings auch relativ wenig getestet. Am Montag hieß es
von der Regierung, dass die bis Mitte April geltende Ausgangssperre
nicht verlängert werden soll.