Sachsens Hebammen in Corona-Krise: Video-Schalte statt Hausbesuch

Die Corona-Krise erzwingt den Stillstand. Doch Geburten finden
weiterhin statt. Sachsens Hebammen erleben bei Schwangeren eine große
Verunsicherung.

Leipzig/Dresden (dpa/sn) - Die Corona-Krise macht auch vor Geburten
nicht Halt. Um die betreuten Frauen, sich selbst sowie die Familien
der Hebammen nicht zu gefährden, würden derzeit viele Hausbesuche in
Sachsen durch Video-Schalten ersetzt, sagte die Vorsitzende des
Sächsischen Hebammenverbandes, Stephanie Hahn-Schaffarczyk, der
Deutschen Presse-Agentur.

Auch Geburtsvorbereitungs- und Rückbildungskurse fänden digital in
Videokonferenzen statt, um Kontakte zu vermeiden. Mütter und
Schwangere hätten meist großes Verständnis für das veränderte For
mat,
berichtete Hahn-Schaffarczyk, die selbst Hebamme am Klinikum
Hoyerswerda ist. Zugleich betonte sie, dass gerade Besuche von Frauen
im Wochenbett unerlässlich seien. Untersuchungen mit engem Kontakt
würden allerdings nur noch mit Nase-Mundschutz durchgeführt.

«Man musste noch nie mit solch einer Situation umgehen», sagte
Hahn-Schaffarczyk. Umso rührender sei die Solidarität, die sie und
ihre Kolleginnen erfahren. Mehrere Klientinnen und Nähzirkel boten
bereits an, Mundschutz für die Hebammen zu nähen. Doch auch die
«richtige Schutzkleidung« fehle, so Hahn-Schaffarczyk.

Hebammen seien lange Zeit nicht im Visier der Politik gewesen, sie
kämen nur sehr schwer an Schutzkleidung ran. Die Betreuung einer
positiv auf Sars-CoV-2 getesteten Frau wäre daher «sehr schwierig».
Bis Donnerstag (26.3.) sei ihr nicht bekannt gewesen, dass eine
Schwangere in Sachsen an Covid-19 erkrankt sei, sagte
Hahn-Schaffarczyk. Ihrer Einschätzung nach ist es aber nur eine Frage
der Zeit, bis es soweit ist.

Im Freistaat kamen im vergangenen Jahr nach Angaben des Sächsischen
Hebammenverbandes etwa 36 000 Kinder zur Welt, das sind etwa 100
Neugeborene pro Tag. Die Geburtenrate sei gleichbleibend, so
Hahn-Schaffarczyk. Ob die Zahl der Geburten in neun Monaten steige?
Darüber könne nur spekuliert werden, sie sei gespannt, sagte die
Hebamme.

Aus Sorge vor Keimen informierten sich mehr Frauen über Entbindungen
in Geburtshäusern oder Zuhause, beobachtet Steffi Brendler, Hebamme
am Geburtshaus Dresden. Zwischen sechs und sieben Anfragen seien in
der vergangenen Woche eingegangen, normal kämen zwischen drei und
fünf Anfragen pro Woche, so Brendler. «Angst ist kein guter Berater»,

betonte sie allerdings. Eine außerklinische Geburt bedeute, dass kein
Arzt dabei sei und keine medikamentöse Schmerzlinderung möglich sei.

Hahn-Schaffarczyk warnte ausdrücklich vor Alleingängen: Das Risiko
für Mutter und Kind sei dabei sehr groß. Sie habe in Foren gelesen,
dass verunsicherte Frauen eine Alleingeburt in Betracht ziehen.

Viele Frauen seien derzeit auch verunsichert, weil sie nicht wüssten,
ob eine Begleitperson bei der Geburt zugelassen sei, sagte
Hahn-Schaffarczyk. Dabei sei gerade der Partner für Frauen häufig
eine große Unterstützung und entlaste auch das Personal vor Ort, so
die Vorsitzende des Hebammenverbandes. Etwa die Helios Klinik in
Schkeuditz lässt bis zum Ende der Ausgangsbeschränkungen keine
Begleitpersonen mehr zu, wie es auf der Internetseite heißt. An den
Universitätskliniken in Dresden und Leipzig ist in der Regel eine
Begleitperson bei der Geburt zugelassen.