Sofa-Pause für Vettel: Formel 1 sucht Ausfahrt aus Corona-Krise Von Christian Hollmann, dpa

Die Formel 1 sucht die Ausfahrt aus der Corona-Zwangspause. Die
ersten Notmaßnahmen greifen schon, weitere werden folgen. Um den
Rennbetrieb zu retten, gibt es kaum Denkverbote.

Berlin (dpa) - Sebastian Vettel muss sein Formel-1-Leben vorerst
entschleunigen. In der erzwungenen Freizeit werde er wohl etwas an
einem alten Motorrad basteln, ließ Vettel die Ferrari-Fans in einem
kurzen Video vom heimischen Sofa wissen. Die Chefs der Rennserie
dagegen sind wegen der Folgen der Coronavirus-Pandemie zu viel
größeren Umbauarbeiten gezwungen. Sie wollen unbedingt die Saison der
Motorsport-Königsklasse und ihr Geschäft retten, auch wenn die ersten
acht der eigentlich geplanten 22 WM-Läufe bis Anfang Juni nicht
stattfinden können. Die Notfall-Maßnahmen im Überblick:

ONLINE-RASEREI: Für Fans und Piloten auf PS-Entzug startete die
Formel 1 eine virtuelle Grand-Prix-Serie, die an den Terminen der
eigentlich geplanten Rennen gefahren wird. Neben versierten
E-Sport-Profis nehmen auch einige Rennfahrer wie der McLaren-Pilot
Lando Norris und der Williams-Neuling Nicholas Latifi teil. Mehr als
100 000 Interessierte schauten gleich zum Auftakt mit dem virtuellen
Grand Prix von Bahrain allein bei Youtube zu. Die Devise für die
Formel 1: Im Gespräch bleiben, neue Zielgruppen erschließen.

ZWANGSURLAUB: Eigentlich hätten sich die Teams in diesen Tagen auf
den Weg zur Premiere des Vietnam-Gastspiels gemacht. Stattdessen sind
viele in den vorgezogenen Werksferien. Für mindestens drei Wochen
bleiben die Rennfabriken zugesperrt, Windtunnel und Prüfstände sind
stillgelegt. Eigentlich macht die Formel 1 so eine Urlaubspause erst
zur Saisonmitte im August, doch wegen der Corona-Krise wurden die
Sommerferien kurzerhand vorgezogen.

KALENDERPUZZLE: 15 bis 18 Rennen sollen nach dem Ende der Auszeit
noch gefahren werden, sagte Formel-1-Chef Chase Carey. Stand jetzt
würde es am 14. Juni in Kanada losgehen, doch ein Stadtrennen in
Montréal erscheint derzeit kaum vorstellbar. Reisebeschränkungen und
der Stand der Ausbreitung des Coronavirus dürften Einfluss darauf
nehmen, wo und wann die Rennserie den Neustart versucht. Der alte
Kalender für 2020 dürfte bestenfalls als Reißbrett für neue Entwü
rfe
dienen. Der frühere Formel-1-Boss Bernie Ecclestone brachte auch
Ausgleichszahlungen für Rennveranstalter ins Gespräch, die auf einen
neuen und für sie ungünstigeren Termin gezwungen werden müssten.

SAISONVERLÄNGERUNG: Das Saisonfinale werde später als am 29. November

ausgetragen, sagte Carey. Abu Dhabi sollte am ersten Advent
eigentlich der Schlusspunkt sein. Nun reden die Spitzen der Formel 1
schon über ein Finale erst Anfang 2021. «Zwei, drei Rennen im Januar»

könnten möglich sein, sagte Ferrari-Teamchef Mattia Binotto bei Sky
Italia. Der Weltverband FIA habe «völlige Freiheit» bei der
Gestaltung des neuen Kalenders. Die Saison 2021 könnte dann nach
einer kurzen Winterpause wie zuletzt wieder im März beginnen.

NEUES FORMAT: Schon lange schwelt die Debatte über Reformen am
eingeübten Ablauf der Renn-Wochenenden. Nun könnte die Corona-Krise
die Formel 1 zu verkürzten Auftritten zwingen, um die Belastung und
die Kosten zu dosieren. Das Freitagstraining könnte laut Binotto
zumindest bei einigen Grand Prix entfallen, am Samstag dann nach ein
paar Proberunden die Qualifikation folgen. Oder es wird am Samstag
trainiert und am Sonntag zunächst die Quali und später das Rennen
gefahren. Denkverbote gibt es in diesen Tagen auch in der Formel 1
kaum noch - um zu retten, was zu retten ist.