Ärzte verpflichten, Geräte sicherstellen - NRW plant Epidemie-Gesetz

Die Corona-Krise könnte in NRW zu einer Art Notstands-Gesetz führen,
das den Behörden besondere Eingriffsmöglichkeiten gibt. Es soll aber
auch Bürgern, Schülern und Studenten das Leben bei einer Epidemie
erleichtern. Mittwoch wird der Gesetzentwurf dem Landtag vorgestellt.

Düsseldorf (dpa/lnw) - Als Reaktion auf die aktuelle Corona-Pandemie
und als Vorbereitung für weitere Krankheitswellen hat die
Landesregierung einen außergewöhnlichen Gesetzentwurf vorgelegt. In
dem Entwurf, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, wird unter
anderem das Verpflichten von Ärzten thematisiert. Außerdem sollen die
Behörden berechtigt werden, medizinisches Material sicherzustellen.
An Haupt- und Realschulen könnten die Abschlussprüfungen dieses Jahr
laut dem Gesetzentwurf ausfallen.

Das Kabinett hatte den Entwurf des Gesetzes am Samstag beschlossen,
ein 47-seitiges Schreiben samt Begründung ging an die Fraktionen.
Nach dpa-Informationen will Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) am
Mittwoch den Landtag zu den geplanten Maßnahmen unterrichten. Das
Gesetz könnte im beschleunigten Verfahren verabschiedet werden. Die
wichtigsten Punkte des Gesetzentwurfs im Überblick:

GRUNDLAGE: Das Gesetz soll bei einer «Epidemischen Lage von
landesweiter Tragweite» greifen. Riefe der Bundestag eine nationale
Epidemie aus, würde das logischerweise auch für NRW gelten. Der
Landtag kann laut Gesetzentwurf aber auch eine epidemische Lage
feststellen - eben nur für das eigene Bundesland. Der Landtag würde
die Lage auch wieder aufheben.

KRANKENHÄUSER: Im Falle einer Epidemie wäre das
Gesundheitsministerium befugt, Krankenhäuser zur Schaffung von
Behandlungskapazitäten zu zwingen. Die «Beteiligten des
Gesundheitswesens» könnten unter anderem zu bestimmten Untersuchungen
verpflichtet werden.

MEDIZINISCHES MATERIAL: Das Gesetz würde die Behörden berechtigen,
«medizinisches, pflegerisches und sanitäres Material einschließlich
der dazu gehörigen Rohstoffe sowie Geräte» bei Firmen sicherzustellen

- und dann zu einem normalen Preis abzukaufen. Zudem könnte man
Firmen verbieten, die Sachen an andere weiter zu geben.

PERSONAL: Die Behörden könnten Ärzte, Pfleger und Rettungskräfte
verpflichten, mit gegen die Epidemie zu kämpfen. Voraussetzung - so
der Gesetzentwurf: Die Landesregierung stellt formell einen
«erheblichen Mangel» an Personal fest. Die Chefs der jeweiligen
Personen könnten das nur verhindern, indem sie nachweisen, dass zum
Beispiel ein Arzt in der aktuellen Lage in seinem Job unverzichtbar
wäre.

KOMMUNEN: Den Kreisen und Gemeinden soll das neue Gesetz Beschlüsse
im vereinfachten Verfahren ermöglichen. So könnte ein Stadtrat zum
Beispiel schriftlich abstimmen, statt zusammen zu treten.

SCHULEN UND UNIS: Das Schulministerium soll berechtigt werden, dieses
Jahr das Abschlussverfahren an Haupt-, Real-, Sekundar- und
Gesamtschulen auszusetzen. Sitzenbleiben könnte für dieses Schuljahr
abgeschafft werden. Auch die Prüfungsregeln an Unis würden einmalig
gelockert. In der Begründung des Gesetzentwurfs heißt es, dass dies
greifen könnte, wenn der Schulbetrieb nicht ab dem 20. April wieder
in vollem Umfang aufgenommen werden könnte. Das gleiche gelte für
Hochschulen.

VERWALTUNG: Da im Fall einer Epidemie viele Menschen im Homeoffice
arbeiten und schwer an Originaldokumente kommen beziehungsweise sie
nicht persönlich beim Amt vorlegen können, sollen elektronisch
versandte Sachen reichen. Behörden- und Postgänge könnten so
vermieden und die Ausbreitung der Krankheit verringert werden.

Die Landesregierung hat den Gesetzentwurf nach eigenen Angaben im
Rekordtempo aufgestellt und ihn am Wochenende neben den Fraktionen
auch den zuständigen Verbänden zugesandt. Die Regierung baut darauf,
dass der Landtag das Gesetz in einem beschleunigten Verfahren
verabschiedet - möglicherweise bereits am Mittwoch. Vergangene Woche
hatte der Landtag bereits im Schnellverfahren das Gesetz für den 25
Milliarden Euro-Rettungsschirm der Landesregierung abgesegnet.
Mehrere Medien hatten zuvor über den Gesetzentwurf berichtet.