Frist zur Stimmabgabe in Bayern ist abgelaufen - jetzt wird gezählt

Eine Wahl ohne Gang ins Wahllokal. Wegen der Corona-Krise mussten
Bayerns Demokraten bei der kommunalen Stimmabgabe improvisieren. Auch
beim Auszählen sind nun viel Flexibilität und Geduld gefragt.

München (dpa/lby) - Bei den rund 750 kommunalen Stichwahlen in Bayern
ist die Frist zur Stimmabgabe abgelaufen - ab 18.00 Uhr wird
ausgezählt. Zig Millionen Menschen waren im Freistaat aufgerufen, die
politischen Weichen in ihren Städten, Landkreisen und Gemeinden neu
zu stellen.

Erstmals konnten die Wähler dazu aber nicht am Sonntag in ein
Wahllokal gehen. Sie mussten wegen der Ansteckungsgefahr mit dem
Coronavirus bei sozialen Kontakten ihre Stimmzettel ausschließlich
per Brief abgeben.

Im ersten kommunalen Wahlgang am 15. März waren die Wahllokale in
ganz Bayern noch normal geöffnet gewesen. Seither hat sich das Risiko
einer Ansteckung von Mensch zu Mensch aber deutlich erhöht.

Bayern zählt neben Nordrhein-Westfalen zu den in Deutschland meist
betroffenen Bundesländern. Bis Sonntag wurden landesweit 13 263
Menschen positiv auf Sars-CoV-2 getestet, wie Gesundheitsministerin
Melanie Huml (CSU) in München mitteilte. 110 infizierte Patienten
sind bisher in der Folge daran gestorben.

Trotz aller Sorgen während der Vorbereitung auf die Stichwahl könnte
die Wahlbeteiligung aber durchaus sogar noch höher sein als im ersten
Wahlgang vor zwei Wochen - zumindest wenn die Wähler landesweit so
fleißig von ihrem Recht Gebrauch machten, wie es sich in München
abzeichnete.

In der Landeshauptstadt gingen bis zum Nachmittag schon 600 000
ausgefüllte Briefe wieder beim Kreisverwaltungsreferat (KVR) ein.
Dazu kommen noch die Briefe, die direkt beim KVR oder bei den
Bürgerbüros und in Sonderbriefkästen eingeworfen wurden. Rund 1,1
Millionen Menschen waren hier wahlberechtigt.

Damit werde die Wahlbeteiligung mindestens so hoch sein wie vor zwei
Wochen, eher sogar höher, sagte ein Sprecher des KVR in München. Im
ersten Anlauf lag die Wahlbeteiligung dem amtlichen Ergebnis zufolge
bei 49 Prozent. Auch an den KVR-Briefkästen sei «reger Betrieb».
Schlangen bildeten sich dort aber keine.

Auch in Nürnberg wurde eine höhere Wahlbeteiligung als bei der ersten
Wahl am 15. März erwartet. Man habe die Briefe zwar nicht gezählt,
aber es seien Stand Sonntagnachmittag über 200 000, sagte der
Stadtwahlleiter. In Augsburg waren es laut Wahlamt zeitgleich «über
den Daumen gepeilt» um die 80 000, vielleicht sogar 90 000 Briefe,
die zurückgekommen sind. Insgesamt habe man 90 000 bis 100 000
Stimmen erwartet.

Die Organisation der Stichwahl als reine Briefwahl war ein großer
logistischer Aufwand. Viele hatten die Sorge, dass die
Briefwahl-Unterlagen nicht rechtzeitig im heimischen Briefkasten
ankommen.

In Nürnberg gab es laut Wahlamt auch viele Beschwerden. Es seien
allerdings nur rund 370 Ersatz-Anträge ausgestellt worden - das ist
ein Prozent aller ursprünglich verschickten Unterlagen. Das zeige,
dass viele ihre Unterlagen doch noch am Freitag oder Samstag bekommen
hätten, sagte der Wahlleiter.

In Augsburg und auch in München hielt sich die Anzahl der
Ersatz-Anträge in Grenzen. «Man sieht das ja auch an dem hohen
Rücklauf», sagte der KVR-Sprecher.

In Bayern gilt seit mehr als einer Woche eine strenge
Ausgangsbeschränkung. Diese verbietet auch soziale Kontakte von
Menschen, die nicht zusammenleben.

Auch bei der Auszählung werden - zumindest in den drei größten
bayerischen Städten - keine Probleme erwartet. In Nürnberg hätten
zwar viele Wahlhelfer abgesagt, man habe allerdings genügend Ersatz
gefunden, sagte der Wahlleiter.

Auch in Augsburg und München seien ausreichend Wahlhelfer anwesend.
Da aufgrund der Corona-Pandemie jedoch diverse
Sicherheitsvorkehrungen getroffen wurden, wird alles etwas länger
dauern. In der Landeshauptstadt wird ein Endergebnis erst am Montag
erwartet.

Wegen der Pandemie hatte es in den vergangenen Wochen praktisch nur
im Internet und in den Medien noch eine Art Wahlkampf gegeben. Dabei
stehen bei den Stichwahlen noch viele spannende Entscheidungen an.

In 18 Landkreisen ist noch unklar, wer das Spitzenamt übernimmt. Auch
in 16 der kreisfreien Städte schaffte es am 15. März kein Bewerber
und keine Bewerberin auf Anhieb im ersten Wahlgang - darunter in
München, Nürnberg und Augsburg.