Ein Hauch Normalität: Fußball-Profis jubeln auf dem virtuellen Rasen Von Ron Stoklas, dpa

In der Corona-Krise stehen digitale Alternativen hoch im Kurs. Auch
in der Bundesliga: Die «Home Challenge» lässt Kicker und E-Sportler
in der Fußballsimulation FIFA 20 gegeneinander antreten. Das führt
auch zu einem besonderen Service für die Fans.

Berlin (dpa) - Jubelnde Profis, ausflippende Kommentatoren und
Vereine, die die Leistung ihrer Teams im Minutentakt in den sozialen
Netzwerken kommentieren: Bei der «Bundesliga Home Challenge» wird
Fans ein Stück Fußball-Normalität geboten - und doch ist alles ein
bisschen anders. Weil die Bundesliga wegen der Corona-Pandemie seit
dem 13. März in einer Zwangspause steckt, finden die Spiele nicht auf
dem echten, sondern auf dem virtuellen Rasen statt. Statt am
Ball müssen die Vereine ihr Können in der Fußballsimulation FIFA 20

beweisen.

Unter dem Motto «Stay Home . and play!» hat die Deutsche Fußball Liga

den etwas anderen Bundesliga-Spieltag organisiert. 26 Teams der 1.
und 2. Liga sind mit zwei Spielern dabei - einem Fußball-Profi und
einer Person aus dem Clubumfeld. Letzteres können YouTuber, Fans oder
professionelle E-Sportler aus dem Verein sein. Jedes Match besteht
aus zwei Einzelpartien, deren Resultate zum Gesamtergebnis summiert
werden.

«Ich denke, ich bin ein wenig schwer in die Partie gekommen», sagte
Herthas Mittelfeldspieler Maximilian Mittelstädt nach seinem
2:2-Unentschieden gegen Paderborns Rifet Kapic auf dem
Instagram-Kanal des Hauptstadtclubs. «Vielleicht war ich am Anfang
ein bisschen nervös, da ich sehr lange kein FIFA mehr gespielt habe.»

Neben Mittelstädt haben aufseiten der Profis unter anderem Augsburgs
U21-Nationalspieler Marco Richter, Stuttgarts Atakan Karazor und
Dortmunds Achraf Hakimi den Controller in die Hand genommen.
Letzterem gelang ein besonderes Kunststück: Der echte Hakimi erzielte
bei seinem 2:2 gegen den Mainzer Daniel Brosinski den Treffer zur
2:1-Führung mit seinem eigenen FIFA-Pendant.

«Er macht aus einer Chance sein zweites Tor. Schade», analysierte
Abwehrspieler Brosinski nach dem Spiel im Livestream der Mainzer. So
gewohnt klingend die Aussage, so ungewöhnlich die Umstände: Statt an
der Seitenlinie oder in den Stadion-Katakomben ist der Mainzer Profi
per Videoschalte aus seinem Wohnzimmer eingeblendet. Im Hintergrund
hängt nicht etwa das aus TV-Übertragungen bekannte Sponsorenboard der
Bundesliga, stattdessen sind Trikots anderer Spieler und Teams zu
sehen.

Am Sonntag kassierte Werder Bremen eine überraschende Pleite gegen
den 1. FC Nürnberg. Zweitliga-Profi Tim Handwerker machte dank eines
4:1-Sieges gegen Werders Bundesliga-Spieler Maximilian Eggestein den
5:4-Sieg der Franken perfekt. Das 3:1 von E-Sport-Ass Michael
«MegaBit» Bittner zuvor im Duell gegen FCN-Zweitmannschaftsakteur
Felix Schimmel reichte Deutschlands amtierenden FIFA-20-Meister
letztlich nicht zum Sieg. Der 1. FC Union Berlin sorgte indes als
einziges Team am Sonntag für einen Sieg eines Bundesliga-Clubs. Die
Eisernen gewannen mit den beiden Erstliga-Profis Julius Kade und
Keven Schlotterbeck gegen Federico Palacios und Tom Baack von Jahn
Regensburg mit 5:1.

Beiläufig bietet die «Home Challenge» damit Fan-Service der anderen
Art: Sie zeigt die Spieler nicht als unnahbare Sportprofis, sondern
als fußballbegeisterte Menschen in ihren Jogginghosen auf der Couch
und damit dort, wo viele Fans sonst am Wochenende die Bundesliga
verfolgen.

Und offenbar schafft es die «Home Challenge» auch, diverse Leute an
die Geräte zu locken: Die Abrufe der einzelnen Youtube-Streams der
verschiedenen Anbieter liegen jeweils bei mehr als 100 000. Zum
Vergleich: Die Aufzeichnung der letzten Virtual Bundesliga Playoffs
liegen lediglich im vierstelligen Bereich.

Vier Erstligisten sind bei der «Home Challenge» übrigens nicht dabei,

unter anderen der FC Bayern München. Der deutsche
Fußball-Rekordmeister pflegt eine Partnerschaft mit dem japanischen
Videospielhersteller Konami - jenem Unternehmen, welches das
FIFA-Konkurrenzspiel «Pro Evolution Soccer» produziert.