Keine schnelle Normalisierung in Sicht - Sorge ums Gesundheitssystem

Bürger wie Politiker treibt die Frage um, wann die Lage in
Deutschland sich wieder entspannt. Alle werden wohl noch etwas Geduld
brauchen.

Berlin (dpa) - In der Corona-Krise gibt es auch in Deutschland
Sorgen, ob die Kapazitäten zur Versorgung schwerkranker Patienten
ausreichen. «Wir müssen jedenfalls damit rechnen, dass die
Kapazitäten nicht ausreichen, ganz klar», sagte der Präsident des
Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, der «Frankfurter Allgemeinen
Sonntagszeitung».

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Kanzleramtschef Helge Braun (beide
CDU) machten deutlich, dass schnelle Lockerungen der
Kontaktbeschränkungen noch nicht im Raum stehen. Der Bund bemüht sich
um schnellen Nachschub an Schutzkleidung.

KEINE SCHNELLE LOCKERUNG - ABER DEBATTE ÜBER PERSPEKTIVEN

Parteiübergreifend dämpften Politiker die Hoffnung auf eine schnelle
Rückkehr zur Normalität. Merkel bat um Geduld. Niemand könne guten
Gewissens sagen, wie lange diese «schwere Zeit» anhalte. Braun sagte
dem «Tagesspiegel»: «Wir reden jetzt bis zum 20. April nicht über

irgendwelche Erleichterungen.» SPD-Chef Norbert Walter-Borjans sagte
den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: «Die Spitze der Infektionswelle
steht uns noch bevor.» Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin
Laschet (CDU) forderte jedoch in der «Welt am Sonntag»: «Jetzt ist
die Zeit, Maßstäbe für die Rückkehr ins soziale und öffentliche L
eben
zu entwickeln.»

MEHR ALS 57 000 INFEKTIONEN IN DEUTSCHLAND 

Bis Sonntagnachmittag wurden in Deutschland rund 57 000 Infektionen
mit dem neuen Coronavirus registriert. Das geht aus einer Auswertung
der Deutschen Presse-Agentur hervor, die die gemeldeten Zahlen der
Bundesländer berücksichtigt. Das Robert-Koch-Institut berichtete von
mindestens 4000 neuen Infektionen innerhalb eines einzigen Tages.
Besonders hohe Zahlen haben Nordrhein-Westfalen mit 13 630
nachgewiesenen Fällen und 110 Toten und Bayern mit 13 263 Fällen und
ebenfalls 110 Toten. Gerechnet auf 100 000 Einwohner verzeichnet
Hamburg mit einem Wert von 112,9 die meisten Infektionen. Im
Bundesschnitt waren es 70,5. Insgesamt starben in Deutschland schon
mindestens 457 Menschen. Niemand weiß, wie hoch die Dunkelziffer bei
den Infektionen ist - vermutet wird: hoch.

REGIERUNG WILL SCHNELLEREN NACHSCHUB AN SCHUTZMASKEN UND -KITTELN

Um den Mangel an Schutzmasken und -kitteln einzudämmen, versucht die
Bundesregierung den Ankauf zu beschleunigen. Dafür hat sie ein
Verfahren gestartet, in dem Lieferverträge ohne weitere Verhandlungen
über den Kaufpreis zustande kommen. Zuerst hatte die «Welt am
Sonntag» darüber berichtet. Das sogenannte Open-House-Verfahren sieht
vor, dass Anbieter mindestens 25 000 OP-Masken, Schutzkittel oder
FFP2-Mundschutze anbieten können. Der Bund kauft diese dann zu einem
Preis, den er selbst festgelegt hat. Das ist einfacher und schneller
als das sonst geltende Vergaberecht mit Ausschreibungen.

WIRTSCHAFT: CORONA-HILFEN ERREICHEN MITTELSTAND NICHT

Handwerk und Reisebranche beklagen eine Förderlücke. «In dieser
Extremlage brauchen neben den kleinen Betrieben auch solche mit mehr
als zehn Mitarbeitern Soforthilfen», sagte Handwerkspräsident Hans
Peter Wollseifer. Ähnlich äußerte sich der Deutsche Reiseverband:
«Die Bundesregierung muss dringend Maßnahmen für mittelständische
Unternehmen bewilligen», forderte Präsident Norbert Fiebig.
Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) stellte weiteren staatlichen
Anschub für die Zeit nach der Krise in Aussicht.

SORGE VOR HÄUSLICHER GEWALT WEGEN KONTAKTBESCHRÄNKUNGEN W
ÄCHST

In der Corona-Krise wächst auch die Sorge vor Gewalt, weil Familien
auf engem Raum zusammensitzen. Die Opferschutz-Organisation Weißer
Ring warnt, man müsse «mit dem Schlimmsten rechnen». Aus anderen
Ländern gibt es schon Belege dafür, dass vor allem für Frauen und
Kinder das Risiko steigt. Geprüft wird nun, ob Frauen und Kinder zu
ihrem eigenen Schutz in leeren Hotels untergebracht werden können.

EU-ÄRGER UM CORONA-BONDS

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat sich zurückhaltend
über sogenannte Corona-Bonds geäußert und Ärger in Italien ausgel
öst.
Ministerpräsident Giuseppe Conte, der eine gemeinsame
Schuldenaufnahme der EU fordert, reagierte empört: Er werde bis zum
Ende seiner Kräfte für eine starke gemeinsame Antwort auf die
Corona-Krise kämpfen. Die EU-Kommission stellte daraufhin klar, dass
alle Optionen auf dem Tisch blieben, sofern die EU-Verträge sie
zuließen. Österreich bekräftigte dagegen sein Nein zu Coronabonds.

NEUER OLYMPIA-TERMIN IN TOKIO WOHL IM SOMMER

Bei der Suche nach einem neuen Termin für die Olympischen Spiele in
Tokio zeichnet sich eine Verschiebung auf den Sommer 2021 ab. Nach
Berichten aus Japan und den USA könnte der Neustart mit einer
Eröffnungsfeier am 23. Juli 2021 erfolgen. Die Schlussfeier wäre
demnach am 8. August. Die wegen der Coronavirus-Pandemie abgesagten
Spiele waren für den 24. Juli bis 9. August 2020 geplant.