Coronavirus lähmt Bayerns Wirtschaft - Forderung nach Steuererlass

Viele Firmen stehen in der Coronavirus-Krise mit dem Rücken zur Wand.
Verbände kritisieren, dass nicht bei allen Unternehmen die Hilfe
ankomme. Die Volkswirte sind sich weitgehend einig: Die Corona-Krise
trifft auch die bayerische Wirtschaft ins Mark.

Nürnberg/München (dpa/lby) - Viele bayerische Unternehmen ächzen
unter den mit der Corona-Pandemie einhergehenden Auflagen. Die
aktuelle Situation habe wesentlich stärker zugeschlagen als die
Finanzkrise 2009, sagte ein Experte aus dem Arbeitsministerium. Der
Handelsverband Bayern rechnet derzeit im Einzelhandel - ohne die
Lebensmittelgeschäfte - mit Umsatzeinbußen von 185 Millionen Euro pro
Tag. Verbandspräsident Ernst Läuger plädierte für einen Steuererlas
s,
um der gebeutelten Wirtschaft unter die Arme zu greifen. «Die
beschlossenen Stundungen von Steuern helfen nur kurzfristig.»

Der Einreisestopp für viele Saisonarbeiter wegen des neuen
Coronavirus bereitet den Bauern Sorgen - ihnen fehlen Erntehelfer.
Und der deutschen Autoindustrie droht aus Sicht von Branchenexperte
Ferdinand Dudenhöffer der Verlust von mehr als 100 000
Arbeitsplätzen.

Firmen vor allem aus Bayern beantragen derzeit in großer Zahl die von
der Bundesregierung beschlossenen Milliardenhilfen. Bei den
zuständigen Stellen seien binnen weniger Tage mindestens 360 000
Anträge auf Soforthilfe von Selbstständigen und Kleinunternehmern
eingegangen, berichtete die «Bild»-Zeitung unter Berufung auf eine
Umfrage unter den Ländern. Es seien bereits 138,5 Millionen Euro zur
Zahlung angewiesen worden. Den Großteil machten demzufolge Zahlungen
aus Bayern aus. Über seine Landeshilfen habe der Freistaat bereits
gut 115 Millionen Euro an kleine Unternehmer überwiesen, die diese
nicht zurückzahlen müssen.

Aus dem Arbeitsministerium hieß es, eine genaue Prognose über die
Entwicklung der Arbeitslosen- und Kurzarbeiterzahlen in den nächsten
Monaten sei derzeit nicht möglich. Sicher sei aber, dass sich die
Kurzarbeit massiv erhöhen werde. Auch von steigenden
Arbeitslosenzahlen sei auszugehen. «Die Lage ist momentan extrem
schwierig. Alles hängt von der Länge der Pandemie und der Wirkung der
notwendigen Maßnahmen zu deren Eindämmung ab», sagte der Fachmann.

Obwohl die Umsätze der Einzelhändler massiv eingebrochen sind, hat
der Handelsverband für die Maßnahmen der Politik Verständnis. «Wir

stehen als Einzelhandelsverband voll und ganz hinter den
Entscheidungen», sagte Verbandspräsident Läuger dem «Münchner Mer
kur»
(Samstag). Seit dem 18. März sind viele Geschäfte wegen der
Corona-Krise geschlossen.

Nicht alle Hilfsmaßnahmen greifen Läuger zufolge wie gewünscht: «Wi
r
bekommen von Händlern gemeldet, dass die Hürden bei Krediten, für die

der Staat bürgt, so hoch sind, dass sie in den kommenden vier Wochen
nicht zum Greifen kommen.» Seiner Einschätzung nach werden in Bayern
im April 180 000 Beschäftigte in Kurzarbeit gehen.

Die Zahlen für März, die die Regionaldirektion der Bundesagentur am
Dienstag (31. März) veröffentlichen wird, werden nicht die aktuelle
Situation des Arbeitsmarkts widerspiegeln: Der Stichtag für die
Berechnung, der 12. März, habe vor den von Bund und Freistaat
verhängten Ausgangsbeschränkungen sowie Betriebs- und
Schulschließungen gelegen, so der Fachmann aus dem
Arbeitsministerium.

Die Corona-Pandemie wird nach Einschätzung eines Wissenschaftlers von
der Technischen Universität München die Verbraucher stärker an
regionale Händler binden. «Mittelfristig ist davon auszugehen, dass
diese globale Krise ein stärkeres Rückbesinnen auf regionale Angebote
bewirken wird», sagte Betriebswirtschaftler Alexander Hübner der
«Passauer Neuen Presse» (Samstag). «Davon werden vor allem die
kleinen lokalen Betriebe profitieren.»

Der Einreisestopp für Saisonarbeiter bereitet den Hopfenbauern
Sorgen. Aktuell müssten auf den Feldern die Drähte gespannt werden,
an denen sich die Hopfenpflanzen hinaufranken können, sagte Lukas
Raith, Geschäftsführer beim Hopfenring in Wolnzach (Landkreis
Pfaffenhofen an der Ilm) in der Hallertau. Die Region an der Grenze
zwischen Oberbayern und Niederbayern gilt als das größte
Hopfenanbaugebiet der Welt. «Die Situation ist sehr schwierig.»

Auch Spargelbauern und Co. fürchten um ihre Saisonkräfte. Am Freitag
hatte Innenminister Joachim Herrmann (CSU) die Ausländerbehörden im
Freistaat aufgefordert, Asylbewerbern Beschäftigungserlaubnisse zu
erteilen, um Landwirten in der Corona-Krise zu helfen.