Corona bremst Klimadiplomatie - Schulze will gegenhalten

Staaten im Ausnahmezustand, Regierungen im Krisenmodus: Corona drängt
alles in den Hintergrund, auch das Feilschen um den Klimaschutz.
Dabei geht es beim Klimagipfel 2020 um viel. Umweltministerin Schulze
will nicht locker lassen - und wittert sogar eine Chance.

Berlin (dpa) - Die Corona-Krise bringt auch den Zeitplan der
weltweiten Klimaverhandlungen durcheinander. Einen wichtigen
Meilenstein auf dem Weg zum nächsten Klimagipfel will die
Bundesregierung dennoch nicht absagen - und verlegt den Petersberger
Klimadialog, ein jährliches internationales Treffen in Berlin, ins
Netz. Umweltministerin Svenja Schulze hofft sogar, dass die Menschen
in der Krise etwas für den Kampf gegen die Erderhitzung lernen.

«Der Klimawandel existiert weiter, auch wenn er gerade weniger
Aufmerksamkeit bekommt», sagte die SPD-Politikerin der Deutschen
Presse-Agentur. «Deshalb muss auch der Einsatz für den Klimaschutz
weitergehen, weshalb ich etwa den Petersberger Klimadialog mit
Umweltministern aus aller Welt Ende April trotz Covid-19 ausrichten
möchte - und zwar als Videokonferenz.» Nach der Krise würden Umwelt-

und Klimaschutz als Treiber für die Wirtschaft umso mehr gebraucht.

«Viele spüren im Moment, wie verletzlich wir sind - individuell und
als Menschheit», sagte Schulze. Gleichzeitig werde deutlich, wie groß
der gesellschaftliche Zusammenhalt und die Innovationskraft seien.
«Wir sollten daraus lernen, auch die anderen großen Krisen, die uns
Menschen verletzlich machen - den Klimawandel und die Naturzerstörung
- ernst zu nehmen und entschlossen gemeinsam zu bekämpfen.»

Der diesjährige UN-Klimagipfel in Glasgow - geplant für November -
gilt als besonders wichtig: Die Staaten sollen bis dahin ihre
Klimaschutz-Pläne ehrgeiziger machen. Denn noch reichen sie in der
Summe längst nicht aus, um das Ziel des Pariser Klimaabkommens zu
erfüllen, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen.

Wegen der Corona-Krise hat das Klimasekretariat der Vereinten
Nationen alle persönlichen Treffen von Klimadiplomaten bis Ende April
abgesagt. An diesem Mittwoch soll beraten werden, wie es mit den
wichtigen Zwischenverhandlungen weitergeht. Eine Entscheidung, ob der
Klimagipfel selbst verschoben werde, werde es aber noch nicht geben,
sagte ein Sprecher. Der Petersberger Klimadialog, den meist auch
Kanzlerin Angela Merkel besucht, ist für 27. und 28. April geplant.

Weil derzeit das Virus die Wirtschaft ausbremst, rechnen Experten mit
stark sinkenden Treibhausgas-Emissionen. Für Schulze kein Grund zur
Freude: Es brauche nachhaltige Klimapolitik, sagte sie, die
Strukturen verändere und klimafreundliche Alternativen zum alten,
fossilen Wirtschaftsmodell - also Kohle, Öl und Gas - voranbringe.

Die Grünen lobten die Entscheidung, das Klima-Treffen im April nicht
abzusagen. Die klimapolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag,
Lisa Badum, sagte, weltweite «Klimapartnerschaften» würden auch im
Zuge der Corona-Krise noch wichtiger, da Länder des globalen Südens
noch stärker als Industriestaaten betroffen seien. Der Wiederaufbau
der Wirtschaft solle sich dann an Klimaschutz-Zielen orientieren.

Auch der FDP-Klimapolitiker Lukas Köhler sprach von einem «wichtigen
Signal. «Angesichts der bevorstehenden weltweiten Rezession ist die
internationale Klimapolitik wichtiger denn je», sagte er, denn nur
gemeinsam können ambitionierte Ziele kostengünstig erreicht werden.
Daher solle neben dem Petersberger Klimadialog auch der für den
Herbst geplante EU-China-Gipfel in Leipzig stattfinden - er gilt als
weiterer wichtiger Meilenstein vor der Weltklimakonferenz.