Stichwahl im Zeichen von Corona - Eine reine Briefwahl

Wer wird Chef im Rathaus oder im Landratsamt? Darüber stimmt Bayern
ab - per Brief. Die Ergebnisse werden mit Spannung erwartet. Doch die
könnten sich wegen der Corona-Pandemie verzögern.

München (dpa/lby) - In Zeiten der Corona-Krise wird auch anders
gewählt: Die Stichwahl um die Chefposten in Bayerns Kommunen am
Sonntag ist ein reiner Gang zum Briefkasten. Das ist neu, denn eine
Wahl ausschließlich per Brief gab es noch nie. Damit nichts schief
gehen kann und die Wahl auch rechtssicher ist, hat der Landtag hierzu
am Mittwoch extra eine gesetzliche Regelung beschlossen.

Laut Innenministerium finden in ganz Bayern rund 750 Stichwahlen um
die Posten der ersten Bürgermeister, Oberbürgermeister und Landräte
statt - überall dort, wo im ersten Durchgang vor zwei Wochen keiner
der Kandidaten mehr als die Hälfte der Stimmen holte. In 18
Landkreisen war nach der Kommunalwahl am 15. März noch nicht klar,
wer den Spitzenposten bekommt. Auch in 16 der kreisfreien Städte
schaffte es kein Bewerber auf Anhieb - darunter in München, Nürnberg
und Augsburg.

In den fünf größten Städten treten jeweils die CSU- und
SPD-Kandidaten gegeneinander an. Vor allem in München war das
unerwartet: Dieter Reiter (SPD) scheiterte knapp an den
erforderlichen 50 Prozent und ist damit der erste Münchner
Oberbürgermeister seit 1984, der sich einer Stichwahl stellen muss.
Nürnberg gilt als SPD-Hochburg, und doch könnte es dort nach 18
Jahren wieder einen CSU-Bürgermeister geben. Im Landkreis Miesbach
könnte der Grünen-Amtsinhaber abgewählt werden. Auch in anderen
Landkreisen dürfte es spannend werden.

Wer jedoch ein schnelles Ergebnis erwartet, muss sich unter Umständen
gedulden: Der Schutz vor dem Coronavirus hat einen höheren
Stellenwert als die Wahlgesetze, das machte das Innenministerium
deutlich. Mancherorts könnte es sogar erst am Montag oder am Dienstag
die Endergebnisse geben.

Das liegt daran, dass in einigen Städten ausschließlich städtische
Mitarbeiter auszählen werden - etwa in Erlangen. Auch in der
Landeshauptstadt könnte es etwas länger dauern, da hier die Anzahl
der Helfer extrem runtergefahren wurde. So sollen rund 1500
Wahlhelfer die Stimmen von 1,1 Millionen Wahlberechtigten auszählen.

Für die Wahlhelfer gelten wegen der Corona-Krise landesweit außerdem
besondere Schutzvorkehrungen: 1,5 Meter Mindestabstand, genügend
Möglichkeiten zum Händewaschen, Einweghandschuhe und
Desinfektionsmittel.

In den vergangenen Wochen wurden mehrere Millionen Briefe binnen
kürzester Zeit gedruckt und verschickt. Bis 18.00 Uhr am Sonntagabend
müssen sie ausgefüllt beim Wahlamt angekommen sein, damit die Stimme
zählt. Damit alles rechtzeitig funktioniert, hatte die Deutsche Post
sogar eine Extra-Leerung für Samstagabend angekündigt.