Bischof Bätzing: Die Kirche muss jetzt kreativ werden

Die Kirchen sehen sich in der Corona-Krise mit einer beispiellosen
Situation konfrontiert: Gottesdienste sind verboten. Doch das hat
nach Überzeugung des neuen Vorsitzenden der Deutschen
Bischofskonferenz nicht nur Nachteile.

Limburg (dpa) - Die katholische Kirche will dem derzeitigen
Gottesdienstverbot mit Kreativität begegnen. Alternativangebote
reichten von Gottesdienstübertragungen bis zu Ideen für Gebetszeiten
in der Familie, sagte der Vorsitzende der Deutschen
Bischofskonferenz, Georg Bätzing, im Interview mit der Deutschen
Presse-Agentur. «Wir üben uns jetzt in neuen Formen der
Kommunikation.» Seelsorger skypten und mailten und beteiligten sich
an Helferdiensten. Die Welle der Solidarität in der Gesellschaft sei
«wunderbar», sagte der 58-jährige Bischof von Limburg.

Erstmals in ihrer Geschichte müssen sich die Kirchen auf ein
Osterfest ohne Gottesdienste einstellen. Dennoch versprach Bätzing:
«Ostern findet statt!» Man werde es zwar nicht in gewohnter Weise
feiern können, «wir werden aber auch über die modernen Medien viele
Gottesdienste anbieten können. Ich bin ganz zuversichtlich, der Funke
der Freude wird auch so überspringen.» Zumindest spürten jetzt viele

Christen, dass ihnen der Gottesdienst doch fehle. «Was bislang
selbstverständlich und in diesem Sinne auch irgendwie «gewöhnlich»

war, wird jetzt sehr kostbar.»

Die derzeitige Welle der Solidarität hat für Bätzing auch eine
religiöse Dimension: «Der liebende Gott ist in jedem präsent, der es

aushält, alleine zu Hause zu bleiben, um andere zu schützen», sagte
er. Pflegekräfte und Ärzte, Verkäuferinnen in Supermärkten,
Polizisten, aber auch Wissenschaftler seien in der Corona-Krise
«Helden des Alltags». «Menschen, die sich selbst einsetzen, sind fü
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mich solche, die den Gott bezeugen, der uns mit all diesen Kräften
begabt hat», sagte Bätzing. «So werden wir die Macht der Natur -
konkret dieses Virus - brechen können.»

Diese Solidarität müsse sich die Gesellschaft unbedingt über die
Epidemie hinaus bewahren. «Im Moment erleben wir einen historischen
Augenblick, der ganz sicher die Zukunft verändert.» Gleichzeitig
machten ihm die wirtschaftlichen Auswirkungen große Sorgen. «Viele
Menschen bangen um ihre berufliche Existenz. Die staatlichen
Unterstützungsmaßnahmen sind da ganz wichtig, und sie müssen schnell

greifen.»

Die Kirche erfahre in dieser Situation, dass ihre geistlichen
Angebote zur Orientierung sehr nachgefragt würden. «Wir werden
gebraucht», sagte Bätzing. «Deshalb werden wir uns auch ganz sicher
nicht aus dem öffentlichen Raum zurückziehen.»

Bätzing war Anfang dieses Monats an die Spitze der Deutschen
Bischofskonferenz gewählt worden. Er ist in dieser Funktion
Nachfolger des Münchner Kardinals Reinhard Marx.