Bayern im Krisenmodus - Zuhause statt Café oder Biergarten

Blauer Himmel, T-Shirt-Wetter, Biergartenzeit - doch die
Corona-Pandemie macht den Bayern einen Strich durch Tagesausflüge und
Gartenpartys. Der Handel klagt über Millionenverluste. Aber die
Politik kann den Unternehmern und Bürgern noch kein Exitdatum nennen.

München (dpa/lby) - Leergefegte Innenstädte, nur wenige Ausflügler
auf Bergen und an Seen: Trotz Frühlingswetter und viel Sonne haben
sich die Menschen in Bayern am Samstag in der Corona-Krise zunächst
weitgehend an die Ausgangsbeschränkungen gehalten. Vom Süden des
Landes, wo sich etwa an Schliersee, Spitzingsee oder Tegernsee sonst
Tausende Ausflügler tummeln, berichteten dpa-Korrespondenten von
leeren Parkplätzen und nur wenigen Spaziergängern. Die Polizei war
vielerorts mit Streifenwagen auf den Landstraßen unterwegs, um
Verstöße gegen die Auflagen zu ahnden. Ein Polizeisprecher aus
Schwaben sagte: «Der Bürger hier ist relativ einsichtig.»

Das neue Coronavirus Sars-CoV-2 kann die Lungenkrankheit Covid-19
auslösen. Der Verlauf kann unterschiedlich sein - von symptomlos oder
mild bis hin zu sehr schwer, mitunter auch tödlich. In Bayern sind
inzwischen 11 862 Menschen positiv auf Sars-CoV-2 getestet worden.
Das teilte das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in
Erlangen am Samstag (Stand 10.00 Uhr) mit. Demnach sind bislang 85
infizierte Patienten gestorben.

Um die Ausbreitung des neuen Coronavirus einzudämmen, gelten in ganz
Bayern seit dem 21. März umfangreiche Ausgangsbeschränkungen. Das
Verlassen der Wohnung ist - zunächst befristet bis einschließlich 3.
April - nur noch aus triftigen Gründen erlaubt. Dazu zählen etwa der
Weg zur Arbeit, notwendige Einkäufe, Arztbesuche, aber ausdrücklich
auch «Sport und Bewegung an der frischen Luft» - das aber nur alleine
oder mit den Menschen, mit denen man in einer Wohnung zusammenlebt.

FREIZEIT: Über den Kurznachrichtendienst Twitter erinnerte etwa die
Polizei Mittelfranken, dass es derzeit nicht erlaubt sei, sich
längere Zeit auf Parkbänken und Decken niederzulassen. In München
achteten Beamte darauf, dass Spaziergänge in einem angemessenen
Rahmen blieben. «Es ist sicher nicht Sinn und Zweck, unter dem
Deckmantel eines Spaziergangs drei Stunden Wandern zu gehen», sagte
ein Sprecher. Auch langes Sonnenbaden auf einer Wiese sei verboten.

HANDEL: Seit dem 18. März sind viele Geschäfte wegen der Corona-Krise
geschlossen. Obwohl die Umsätze massiv eingebrochen sind, hat der
Handelsverband Bayern für die Maßnahmen der Politik Verständnis. «W
ir
stehen als Einzelhandelsverband voll und ganz hinter den
Entscheidungen», sagte Verbandspräsident Ernst Läuger dem «Münchn
er
Merkur». Er plädierte für einen Steuererlass, um der Wirtschaft unter

die Arme zu greifen. Der Verband rechnet derzeit im bayerischen
Einzelhandel - ohne die Lebensmittelgeschäfte - mit Umsatzeinbußen
von 185 Millionen Euro pro Tag.

Firmen beantragen derzeit in großer Zahl die von der Bundesregierung
beschlossenen Milliarden-Hilfen. Über seine Landeshilfen habe der
Freistaat bereits gut 115 Millionen Euro an kleine Unternehmer
überwiesen, die diese nicht zurückzahlen müssen, berichtete die
«Bild» unter Berufung auf eine Umfrage unter den Bundesländern.

Die Pandemie wird nach Einschätzung eines Wissenschaftlers von der TU
München die Verbraucher stärker an regionale Händler binden.
«Mittelfristig ist davon auszugehen, dass diese globale Krise ein
stärkeres Rückbesinnen auf regionale Angebote bewirken wird», sagte
der Betriebswirtschaftler Alexander Hübner der «Passauer Neuen
Presse».

POLITIK: In der Debatte über die massiven Beschränkungen in der Krise
hat sich Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) hinter
Ministerpräsident Markus Söder (CSU) gestellt. «Es waren die
richtigen Maßnahmen zum richtigen Zeitpunkt. Wir haben uns da immer
eng abgestimmt, und wir würden aus jetziger Sicht alles so wieder
machen», sagte Aiwanger der «PNP». Söder hatte zuletzt vor verfrü
hten
Spekulationen über ein Ende der Auflagen gewarnt.

MEDIZIN: Werdende Väter dürfen auch in der Corona-Krise bei der
Geburt ihres Kindes im Krankenhaus dabei sein. Darauf hat erneut
Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) hingewiesen. Zuvor hatten
vereinzelt Kliniken wegen des Ansteckungsrisikos mit dem neuartigen
Coronavirus Väter nicht mehr in die Kreißsäle gelassen. Ansonsten
bleibt es dabei: Besuche in Krankenhäusern sind derzeit verboten.

VERKEHR: Nach der Deutschen Bahn streichen jetzt auch mehrere
Privatbahnen Verbindungen in Bayern. Züge würden deswegen von Montag
an seltener fahren, teilte die Länderbahn mit. Außerdem würden
Haltestellen entfallen. Die Bayerische Oberlandbahn (BOB) gab
bekannt, dass Meridian- und BOB-Züge ab April vorerst nur noch im
Stundentakt und in den Hauptverkehrszeiten fahren. Zugausfälle gebe
es auch auf der Strecke der Bayerischen Regiobahn.