Mit Maß und Vernunft: Hobbysportler in der Corona-Krise Von Jens Marx, dpa

Abstand halten. Es nicht übertreiben. Auch Breitensportler müssen
nicht still zuhause rumsitzen. Bewegung im Freien ist möglich und
erwünscht. Wenn sich alle an die Regeln halten.

Berlin (dpa) - Jogger, Radfahrer, Inline-Skater, Walker, ja sogar
vereinzelt schon die ersten Kitesurfer. Jetzt erst recht «auf in die
Natur» heißt es, auch notgedrungen, für viele Breitensportlerinnen
und -sportler durch die Corona-Krise. Sportvereine kämpfen um ihre
Existenz, Sporthallen sind geschlossen, Schwimmbäder haben zu,
Sportplätze sind abgeriegelt.

OBERSTE REGEL FÜR SPORT IM FREIEN

Radfahren im Windschatten war gestern. Radtouren in Gruppen sind
nicht erlaubt. Das gleiche gilt für Lauf- oder Walkingtreffs.
«Maximal zwei Personen, zwei Meter Abstand zu anderen halten und die
Hygienevorgaben beachten», erklärt Andreas Silbersack, Vizepräsident

des Deutschen Olympischen Sportbundes für die Bereiche Breitensport
und Sportentwicklung die Regeln zum Sporttreiben in der Natur. Der
52-Jährige aus Halle an der Saale betont: «Grundsätzlich kann, darf

und sollte auch jeder und jede weiterhin trainieren.» Er selbst geht
unter anderem zweimal in der Woche zehn Kilometer Joggen.

AUSGLEICH, ABLENKUNG UND STÄRKUNG

Sport und Bewegung können erst recht in diesen Zeiten zum
Stimmungsaufheller werden. «Je schlechter wir uns fühlen, desto mehr
profitieren wir von körperlicher Aktivität», sagt Professor Jens
Kleinert vom Psychologischen Institut der Deutschen Sporthochschule
Köln: «Das gilt gleichermaßen für die Stimmungslage und für das
körperliche Befinden.» Vielfältiger Sport und regelmäßige Bewegun
g
würden das Immunsystem stärken und seien deshalb «gerade jetzt
unverzichtbar», betont DOSB-Vizepräsident Silbersack.

Der Sportsoziologe Hans-Jürgen Schulke (74) geht in einem Interview
des «Hamburger Abendblatt» noch weiter: «Der Sport kann
wiedererstarken oder sogar durch die Krise stärker werden, wenn er
sich zukunftsgerichtet als Feld versteht, in dem Menschen ihre
körperliche und soziale Immunkompetenz, sprich Resilienz stärken. Das
fehlt mir derzeit in der öffentlichen Debatte: Welche Traditionen,
Strukturen, Potenziale, welche Stärken hat der Sport, die er
präventiv für solche Krisen einbringt?»

KEINE UNNÖTIGEN RISIKEN

Experten raten, bei den Sportarten zu bleiben, die man sonst auch
ausübt. Andernfalls droht auch ein höheres Verletzungs- oder auch
Unfallrisiko. Zudem gilt: Moderates Training, sprich keine extremen
Belastungen insbesondere im Ausdauerbereich. Leistungs- ebenso wie
und Freizeitsportlerinnen und -sportler seien während und nach hohen
Belastungen besonders anfällig für Viren, erklärt die Leiterin des
Lehrstuhls für Sportmedizin und Sporternährung an der Sportfakultät
der Ruhr-Universität Bochum, Petra Platen.

MOTIVATION DANK STUNDENPLAN

Der Virus Sars-CoV-2 hat die Sportwelt zum kompletten Stillstand
gebracht, eine Wiederaufnahme des Sportbetriebs ist nicht wirklich
absehbar. Keine Wettkämpfe in Sicht, wofür dann trainieren? Da kommen
auch Motivationsprobleme bei manchen auf. «Vor allem in den nächsten
Tagen und Wochen ist es wichtig, die über den Sport verinnerlichten
und immer wiederkehrenden und damit vertrauten Abläufe, stärker denn
je, auf das alltägliche Leben zu übertragen», rät das Institut fü
r
Trainingsoptimierung für Sport und Gesundheit IQ Athletik: «Hierbei
kann es hilfreich sein, einen konkreten Plan mit täglich - zu einer
möglichst feststehenden Uhrzeit - wiederkehrenden Aktivitäten zu
etablieren und sich diszipliniert an diesen zu halten.» Kurzum: Einen
Stundenplan wie zu Schulzeiten.

SPORT IN DEN EIGENEN VIER WÄNDEN

Wer nicht draußen Laufen, Radfahren, Walken oder Skaten will, dem
bleibt das Training daheim. Vom DOSB über Vereine bis zu
Fitnessstudios - online werden unzählige Kurse und Trainingsideen
vermittelt. «Wer jetzt Sport-Tipps sucht, wird mehr finden als jemals
zuvor», sagt DOSB-Vizepräsident Silbersack. Klassische Übungen von
Liegestütz über Kniebeugen, dazu improvisiertes Schwimmen mit
Gummibändern für die Arme, Seilspringen oder wer hat: Radfahren auf
der Rolle, Laufen auf dem Laufband. Und wer gefühlt dann doch nicht
alleine vor sich hin schwitzen will, für den gibt es diverse
Hilfsmittel, zumindest virtuell zusammen zu trainieren.