Süle, Vettel, Federer: Wem die Absagen im Sport Zeit schenken Von Kristina Puck, dpa

Niklas Süle, Roger Federer oder Sebastian Vettel: Sie gewinnen
aufgrund der Absagen als Folge der Coronavirus-Krise Zeit. Für manche
Sportler scheinen Träume wieder realistischer.

Stuttgart (dpa) - Die Fußball-Bundesliga pausiert ebenso wie die
Tennis-Tour. Die Formel 1 wartet auf ihren Saisonstart, Olympia und
Fußball-EM sind verschoben. Das Coronavirus hat den Sport kräftig
durcheinandergewirbelt. Die Absagen und Verschiebungen kommen manchem
Sportler aber nicht ganz so ungelegen.

LEROY SANÉ und NIKLAS SÜLE: Eine Prognose, ob die beiden wichtigen
Spieler rechtzeitig für die Fußball-Europameisterschaft in diesem
Sommer fit werden, fiel auch Bundestrainer Joachim Löw schwer. Beide
hatten sich in der ersten Saisonhälfte Kreuzbandrisse zugezogen. Wenn
überhaupt wären sie nur mit sehr wenig Spielpraxis zum Turnier im
Juni und Juli gereist. Insbesondere bei Bayern-Profi Süle wurde die
Zeit knapp. Nun soll das paneuropäische Turnier vom 11. Juni bis 11.
Juli 2021 ausgetragen werden. Und der Abwehrchef hat ebenso wie
Manchester-City-Angreifer Sané reichlich Zeit, in Form zu kommen.

MARCO REUS: Auch DFB-Kollege Marco Reus bekommt ausreichend Zeit für
die Genesung. Der Dortmunder Kapitän hatte sich beim Pokal-Aus bei
Werder Bremen Anfang Februar eine komplizierte Muskelverletzung
zugezogen und war seitdem nicht mehr zum Einsatz gekommen.

ROBERT LEWANDOWSKI: Bei den Bayern verpasst der Top-Torjäger weniger
Spiele als befürchtet. Ende Februar war bei ihm ein Anbruch der
Schienbeinkante am linken Kniegelenk und eine Pause über vier Wochen
diagnostiziert worden. Für den Rekordmeister ist der Pole eigentlich
unersetzlich. 39 Tore hatte Lewandowski in 32 Saisoneinsätzen in drei
Wettbewerben erzielt.

ROGER FEDERER: Eine Knie-OP nach den Australian Open führte zu einer
monatelangen Zwangspause des Tennisstars. Auch Erfolge bei seinen
größten Zielen für dieses Jahr - Wimbledon und Olympia - gerieten in

Gefahr. Wahrscheinlich scheint, dass auch Wimbledon nicht wie geplant
Ende Juni losgehen kann. Seinen Traum vom Olympia-Gold könnte sich
der Schweizer 2021 als fast 40-Jähriger verwirklichen. Allerdings
überschneiden sich nach derzeitigem Stand die für den Herbst
angesetzten French Open mit dem von ihm mit initiierten Laver Cup.

ANGELIQUE KERBER UND ANDREA PETKOVIC: Wie Federer hätte auch Kerber
die wichtigen und dann abgesagten Turniere in Indian Wells und Miami
wegen ihrer langwierigen Oberschenkelblessur verpasst. Die dreimalige
Grand-Slam-Siegerin drohte, in der Weltrangliste weiter abzustürzen
und bei kommenden Grand-Slam-Turnieren womöglich aus der Setzliste zu
rutschen. Nun bleibt die Weltrangliste vorerst unverändert. Und
Kerber hat wie ihre Fed-Cup-Kollegin Andrea Petkovic genügend Zeit,
zumindest ihre Verletzung auszukurieren. Petkovic musste seit dem
Jahresauftakt pausieren und sich am Knie operieren lassen.

MARCEL NGUYEN: Der dreimalige Turn-Europameister hatte seine
Operation an der Schulter im Oktober, war aber zuletzt wegen Olympia
leicht in Panik geraten. Die geschlossenen Hallen machten eine
passende Vorbereitung unmöglich. Nun ist sein Tokio-Traum deutlich
realistischer. Wäre es beim ursprünglichen Termin vom 24. Juli bis 9.
August geblieben, wäre ihm womöglich die Zeit davongelaufen. «Ich
habe wertvolle Zeit geschenkt bekommen», sagte Nguyen, der am Barren
und im Mehrkampf 2012 in London Olympia-Silber gewonnen hatte. «Jetzt
kann ich mich in Ruhe vorbereiten. Ohne diesen Stress, mich auf
Biegen und Brechen auf meinen früheres Leistungsniveau zu bringen».

SEBASTIAN VETTEL: Die Winter-Testphase der Formel 1 lief für den
Ferrari-Fahrer und sein Team wieder einmal ernüchternd. Das neue Auto
der Scuderia wirkte unausgereift und konnte das Tempo der
Titel-Konkurrenz von Mercedes und Red Bull nicht kontern. Vettel
hatte sich bereits auf einen schwierigen Saisonstart eingestellt, als
das Auftaktrennen in Australien kurzfristig abgesagt wurde. Bis
mindestens Juni ist die Rennserie nun in der Corona-Pause, die Teams
machen vorerst Werksferien. Ab Mitte April aber könnte Ferrari
versuchen, den Entwicklungsrückstand aufzuholen und noch mal kräftig
das Auto umbauen. Die Zeit bis zu einem möglichen Neustart wäre die
Chance für die Ferrari-Ingenieure - und am Ende für Vettel.