Rechtsberatung bei Ausgangsbeschränkung nur in dringenden Fällen

Wegen des Coronavirus beraten derzeit viele Anwälte und Notare vor
allem telefonisch. Was aber macht man bei rechtlichen Problemen, bei
denen es zwingend ein persönliches Gespräch braucht?

München (dpa/lby) - Wer dringend einen Notar oder einen Anwalt
braucht, kann trotz Ausgangsbeschränkungen das Haus verlassen. Dies
gelte allerdings nur für Termine, die nicht verschoben werden können.
«Nicht jeder Besuch einer Anwaltskanzlei oder eines Notars stellt
einen triftigen Grund dar», sagte ein Sprecher des
Gesundheitsministeriums in München.

Ulrich Schellenberg, ehemaliger Präsident des Deutschen
Anwaltvereins, kritisiert die schwammige Formulierung in der
bayerischen Rechtsverordnung. Er warnte davor, dass im Zweifel
Polizei oder Ordnungsamt entscheiden, ob die Beratung bei einem
Anwalt wirklich notwendig ist. Das sei mit dem Rechtsstaatsprinzip
nicht vereinbar, betonte der Jurist. «Es darf nicht Aufgabe des
Staates sein, selber entscheiden zu wollen, wann man zum Anwalt darf
und wann nicht.» Bayern habe dies als einziges Bundesland nicht
eindeutig geregelt. «Das muss nachgebessert werden», forderte
Schellenberg.

Auch Edith Kindermann, die amtierende Präsidentin des Deutschen
Anwaltvereins, betonte die Bedeutung des Rechtsstaats. In einem
Schreiben an Ministerpräsident Markus Söder (CSU), das der Deutschen
Presse-Agentur vorliegt, heißt es: «Rechtsanwälte sichern den Bürge
rn
den Zugang zum Recht.» Dies müsse auch in Zeiten einer
internationalen Pandemie gewährleistet sein.

David Sommer, Geschäftsführer der Landesnotarkammer, erklärte, dass
auch notarielle Rechtsgeschäfte prinzipiell möglich seien. Es müsse
aber im Einzelfall entschieden werden, ob es dafür ein persönliches
Gespräch braucht. Nach seinen Worten erreichen viele Notare in Bayern
derzeit Anfragen, bei denen es um die Gestaltung von Testamenten,
Betreuungs- und Patientenverfügungen geht. Offenbar denken viele
Bürger in der Krise darüber nach, was im Krankheits- oder Todesfall
passiert. Der Grund dafür sei aber weniger die akute Angst vor dem
Coronavirus, sagte Sommer. «Die Leute haben einfach mehr Zeit, sich
Gedanken zu machen.»

Trotz oder gerade wegen der Krise brauchen wohl auch viele Betriebe
in Bayern demnächst rechtliche Beratung. Sommer rechnet damit, dass
viele seiner Kollegen in den kommenden Wochen und Monaten
Unternehmensverkäufe, Kapitalerhöhungen oder Fusionen beurkunden
müssen. Trotz der Corona-Maßnahmen sei dies weiter möglich.