Hamburger sollen sich an Kontaktsperre halten - zweiter Corona-Toter Von Markus Klemm, dpa

Angesichts des erwarteten schönen Wetters am Wochenende erinnert
Innensenator Grote eindringlich an die weiter geltenden Kontaktsperre
wegen der Corona-Pandemie. Unterdessen ist in Hamburg erneut ein
Mensch an Covid-19 gestorben.

Hamburg (dpa/lno) - Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) hat die
Bürger vor einer Missachtung der wegen der Corona-Pandemie erlassenen
Kontaktsperren gewarnt. «Von Lockerung kann vorerst keine Rede sein.
Und wir werden auch am Wochenende sehr konsequent damit umgehen»,
kündigte Grote am Freitag an. Bei notorischen Verstößen oder gar
Quarantäneverstößen drohten Ingewahrsamnahmen durch die Polizei.
Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) kündigte unterdessen an, dass von
der Corona-Krise betroffene Solo-Selbstständige, Klein- und
Kleinstunternehmer von Montag an bei der Investitions- und Förderbank
Hamburg (IFB) digital Anträge auf Soforthilfe stellen können.

Konkret sollen Solo-Selbständige 2500 Euro Grundförderung erhalten
und Firmen mit bis zu zehn Mitarbeitern bis zu 5000 Euro Landesmittel
bekommen. Hinzu kommen Bundesleistungen in Höhe von 9000 bis 15 000
Euro. Unternehmen mit 11 bis 50 sowie mit 51 bis 250 Mitarbeiter sind
nicht für eine Bundesförderung vorgesehen. Sie sollen aber von der
Stadt bis zu 25 000 beziehungsweise 30 000 Euro erhalten. Die Anträge
könnten von Montag bei der Invesitions- und Förderbank Hamburg (IFB)
an digital gestellt werden, sagte Dressel: «Wir sind darauf
eingestellt, dass wir 100 000 plus x Anträge bekommen.»

Die Gesundheitsbehörde meldete am Freitag einen weiteren Todesfall im
Zusammenhang mit dem neuartigen Coronavirus. Ein 71 Jahre alter
Patient sei am Nachmittag im Universitätsklinikum Eppendorf (UKE)
gestorben, sagte Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD).
Die Erkrankung sei eindeutig Covid-19 zuzuordnen. Es der inzwischen
zweite an den Folgen einer Infektion mit dem neuartigen Corona-Virus
gestorbene Mensch in Hamburg. Bei einem dritten Toten sei zwar
ebenfalls eine Corona-Infektion festgestellt worden. Doch sei diese
wegen umfangreicher Vorerkrankungen des Mannes nicht als eindeutige
Todesursache ausgemacht worden.

Die Zahl der an Covid-19 erkrankten Hamburger ist seit Donnerstag auf
1759 Fälle gestiegen. Unter den Infizierten sind 104 in stationärer
Behandlung, 31 befinden sich auf einer Intensivstation. Am Vortag
waren 103 Personen in stationärer Behandlung, davon 23 auf einer
Intensivstation. Der Senat rechnet in den kommenden Tagen mit einem
weiteren deutlichen Anstieg positiv getesteter Frauen und Männer.

Da die Intensivbetten-Kapazität an Hamburgs Krankenhäusern sehr gut
sei, wollen zwei Kliniken in den kommenden Tagen bis zu zwölf schwer
kranke Covid-19-Patienten aus Italien und Frankreich aufnehmen. «Es
handelt sich um bis zu zehn Patientinnen und Patienten aus Italien,
die am AK Harburg (Aesklepios-Klinikum) behandelt werden sollen.
(...) Und es handelt sich um zwei Patientinnen und Patienten aus
Frankreich, die am UKE behandelt werden», sagte Prüfer-Storcks.

Die Patienten würden nicht alle gleichzeitig kommen, und es stehe
auch noch nicht fest, wann sie kommen. «Im Moment sind wir in einer
Situation in Hamburg, dass wir diese Kapazitäten haben, dass wir
diese Solidarität auch üben können. (...) Aber natürlich können w
ir
das nicht garantieren über die gesamte Strecke.» Ein stärkerer
Anstieg an schweren Covid-19-Erkrankungen wird in Hamburg im April
erwartet. Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) sagte dazu:
«Ziel ist ja, dass die dann nach ein, zwei Wochen Behandlung
möglicherweise wieder entlassen werden können oder so gebessert sind,
dass sie nicht mehr intensivmedizinisch betreut werden können.»

Die Virologin Marylyn Addo vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
(UKE) zerstreute derweil Hoffnungen auf einen rasch vorliegenden
Impfstoff gegen das Coronavirus. Den könne es frühestens in der
zweiten Jahreshälfte geben. Er sei damit für die aktuelle
Corona-Welle nicht relevant. Auch zugelassene Medikamente gebe es
noch nicht. Aber es gebe viele Substanzen, die in irgendeiner Form
bei anderen oder ähnlichen Krankheiten Wirkung gezeigt hätten und
zugelassen seien. «Die müssen wir jetzt auf Wirksamkeit strukturiert
prüfen, um dann zu wissen, wen können wir wie wann am besten
behandeln», sagte Addo. Derartige klinische Studien liefen nun an
vielen Universitätskliniken und Zentren an, auch am UKE.

Die Versorgung des Hamburger Gesundheitswesen mit Schutzausrüstung
und auch mit Labormaterial wie Probenröhrchen bleibt derweil
kritisch. Nach dem Wochenende werde zu entscheiden sein, ob der
Arztruf Hamburg fortgesetzt werden könne, sagte ein Sprecher der
Kassenärztlichen Vereinigung in Hamburg. Weltweit seien die fehlenden
Materialien stark nachgefragt. Im Laufe der Woche hatten kleinere
Lieferungen die Hamburger Ärzteschaft erreicht, die aber bei weitem
nicht ausreichend waren. Die Funktionsfähigkeit der Ambulanzen und
Notdienste, aber auch die Einsatzbereitschaft stationärer Praxen auch
jenseits der Corona-Epidemie seien bedroht.

Sportsenator Grote appellierte an die Hamburger, den wegen der
Corona-Pandemie geschlossenen Sportvereinen die Stange zu halten. «Es
ist jetzt nicht der Zeitpunkt, seine Vereinsmitgliedschaft zu
kündigen, weil man vielleicht gerade die Angebote nicht wahrnehmen
kann», sagte Grote. Jetzt sei vielmehr der Zeitpunkt, neu in
Sportvereine einzutreten. «Es ist jetzt wichtig, dass nicht nur die
staatlichen Maßnahmen funktionieren, sondern dass auch alle
Hamburgerinnen und Hamburger ein bisschen daran mitwirken, dass die
Beteiligten gut durch die Krise kommen», sagte Grote.