Zwölf Corona-Tote in Pflegeheim - Personal- und Materialnot

Im Würzburger Seniorenheim St. Nikolaus geht der Kampf um das Leben
von mit dem Coronavirus infizierten Bewohnern weiter. Sie werden in
separate Stationen gebracht - evakuiert wird nicht. Oberbürgermeister
Schuchardt richtet einen Appell an die Öffentlichkeit.

Würzburg (dpa/lby) - Das Würzburger Seniorenheim St. Nikolaus wird
auch nach dem Tod eines zwölften mit dem Coronavirus infizierten
Bewohners nicht evakuiert. Die positiv auf das Virus Sars-CoV-2
getesteten Menschen sollen auf Stationen innerhalb der Einrichtung
isoliert werden, teilten Würzburgs Oberbürgermeister Christian
Schuchardt (CDU) und der Leiter des Würzburger Gesundheitsamtes,
Johann Löw, am Freitag mit. Das sei nach langer Abwägung aller
Faktoren die medizinisch sinnvollste Lösung, hieß es.

Die Einrichtung leide derzeit vor allem an einem Mangel an Personal
und Schutzkleidung, sagte Schuchardt. Er appellierte an Unternehmen
«und an die Allgemeinheit», weiter zu helfen. Es gebe ein großartiges

Engagement in der Würzburger Bevölkerung. So nähten einige
Unternehmen Atemmasken und Schutzkleidung, ein Farbenhersteller habe
nicht benötigte Schutzmasken zur Verfügung gestellt.

Inzwischen sind den Angaben zufolge alle 161 meist hochbetagten und
teils demenzkranken Bewohner sowie alle Mitarbeiter der Einrichtung
auf das Coronavirus getestet worden; 44 Bewohner und 32 Mitarbeiter
waren positiv. Alle drei Tage sollen die Tests wiederholt werden.

Alle infizierten Bewohner werden nun auf zwei bis drei Stationen
gebracht. Bewohner, die nicht positiv getestet sind, bleiben auf
ihren bisherigen Stationen. Gegen eine Evakuierung des Heims habe
gesprochen, dass beim Transport der hochbetagten, infizierten
Menschen eine neue Infektionsgefahr entstanden wäre, so Schuchardt.

Der ärztliche Leiter des Krisenstabs, Michael Schwab, sagte, bei der
Komplett-Testung des Heims seien auch völlig unauffällige Bewohner
positiv gewesen. Auch habe sich gezeigt, dass es bei der Krankheit
häufig nach sieben Tagen zu einem weiteren Schub komme.

«Bei der Behandlung von Corona lernen wir Ärzte jeden Tag dazu»,
sagte er. «Es kann jedes Heim treffen. Wir mussten schmerzhaft
lernen, wie schnell die Pandemie sich ausbreitet.» Die jetzt in dem
Heim getroffenen Maßnahmen könnten für andere zu einer «Blaupause
»
werden, um Herausforderungen durch das Virus besser zu bewältigen.

In der Pflegeeinrichtung herrschten «überraschend geordnete
Verhältnisse», fügte Schwab hinzu. Pflegekräfte und Ärzte arbeite
ten
dort an der Grenze ihrer Belastbarkeit. Sie gingen das eigene Risiko
einer Infektion ein, um die Bewohner zu versorgen. «Menschen mit
Demenz zu pflegen, bedeutet Körperkontakt - beim Waschen, beim
Anziehen, beim Medikamente-Verabreichen. Und sie können demente
Menschen nicht fixieren oder in ihrem Zimmer einsperren», sagte er.

Eine gute Nachricht sei, dass von zwölf Bewohnern, die mit
Krankheitssymptomen in Würzburger Kliniken gebracht worden waren,
inzwischen sechs genesen seien, sagte der Pandemiearzt. Diese könnten
wieder zurückverlegt werden.

Er mahnte aber auch: «Wenn wir das Leben dieser hochbetagten
Patienten retten wollen, brauchen wir die bestmögliche Unterstützung,
insbesondere mehr Schutzausrüstung, mehr Testkapazitäten und Pfleger,
die bereit sind, das Risiko einer Infektion einzugehen.»

In dem Seniorenheim St. Nikolaus war am Freitag der zwölfte Patient
nach einer Infektion mit dem neuartigen Erreger gestorben.
Gesundheitsamtsleiter Löw zufolge wurde auch in einem weiteren
Würzburger Altenheim eine Patientin positiv getestet. Sie werde nun
ebenfalls isoliert. Auch im Landkreis Fürth und in Augsburg wurden
Corona-Fälle in Seniorenheimen bekannt.