Schulen müssen Prüfungen verschieben

Jetzt also doch: Die Abschlussprüfungen an Niedersachsens Schulen
können nicht wie geplant beginnen. Tausende Schülerinnen und Schüler

bekommen somit mehr Zeit zur Vorbereitung auf Abi & Co.

Hannover (dpa/lni) - Die Abschlussprüfungen an Niedersachsens Schulen
werden wegen der Coronavirus-Pandemie verschoben. «Ich möchte, dass
alle Schülerinnen und Schüler auch die Chance haben, ihre Prüfungen
abzulegen», sagte Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) am Freitag
in Hannover. Die Abiturklausuren werden vom 11. bis 30. Mai
geschrieben und damit rund drei Wochen später als geplant. Die
Abschlussarbeiten der 9. und 10. Klassen beginnen am 20. Mai.

Ob dieser neue Zeitplan zu halten ist, soll kurz nach Ostern
beurteilt werden. Schlimmstenfalls könnten die Schulen sogar bis zum
Sommer geschlossen bleiben und bis zu den Ferien gar kein Unterricht
mehr stattfinden. Das sei die letzte Variante eines abgestuften
Szenarios, sagte Tonne. Zunächst sei aber der Plan, dass die Schule
am 20. April wieder starte - auch für die Abiturienten, die
ursprünglich vom 15. April an wieder Unterricht gehabt hätten.

Eine Überlegung sei zudem, beim Neustart der Schulen in Etappen
vorzugehen. Demnach könnten zunächst die Abiturienten und
Oberstufenschüler zurückkehren, dann die Schüler der Klassen fünf b
is
zehn und schließlich die Grundschüler.

Mit der Verschiebung des Abiturs soll die Vergabe der Zeugnisse bis
zum 10. Juli noch möglich sein. Das ist wichtig, da andernfalls auch
die Bewerbungsfristen der Hochschulen angepasst werden müssten.

Ursprünglich sollten die ersten Abiklausuren am 20. April geschrieben
werden, die letzten waren für den 13. Mai geplant. Wegen der Rückkehr
der Gymnasien zum Abi nach 13 Schuljahren gibt es in diesem Jahr zwar
deutlich weniger Abiturienten im Land als sonst - dennoch sind rund
11 500 angehende Abiturienten betroffen. In den Jahrgängen 9 und 10
gibt es zudem jeweils rund 30 000 Schülerinnen und Schüler an Ober-,
Gesamt-, Real- und Hauptschulen, von denen aber nicht alle die
Abschlussprüfungen ablegen müssen.

Schon am Mittwoch hatte Tonne nach einer Telefonschalte der
Kultusminister im Landtag erklärt, ihm sei an einer zwischen den
Ländern abgestimmten Lösung gelegen. Am Freitag verschob auch das
Nachbarland Nordrhein-Westfalen die Prüfungen um drei Wochen.

Sollte jedoch auch der neue Zeitplan angesichts der Pandemie nicht zu
halten sein, fielen die Prüfungen in Niedersachsen aus, sagte Tonne.
Das Abitur werde dann anhand der Noten der vier zurückliegenden
Schulhalbjahre erteilt, die normalerweise zwei Drittel der
Abschlussnote ausmachen. Auch die Abschlüsse der Sekundarstufe I
würden dann «auf Grundlage der vorliegenden Leistungen» vergeben.

Viele Schülerinnen und Schüler können mit der Verschiebung um drei
Wochen wohl gut leben. Sie haben zwar wegen der Corona-Zwangspause
schon länger keinen Unterricht, dafür aber jetzt mehr Zeit, sich auf
den Prüfungsstress vorzubereiten.

Der Landesschülerrat lobte die Maßnahmen des Kultusministeriums. «Das

Verhalten und die Entscheidungen des Ministers wirken gut vorbereitet
und geplant», sagte der Vorsitzende Florian Reetz. Er unterstütze die
aktuellen Regelungen und Planungen. Vorstandsmitglied Ole Moszczynski
sagte, es sei gut, dass das Ministerium Lösungen für die
verschiedenen Szenarien vorhalte. «Natürlich wüssten wir gerne
sicher, wie es weitergeht. Nur ist das momentan leider nicht
möglich.» Die stellvertretende Vorsitzende des Landesschülerrats,
Celina Kruithof, äußerte ebenfalls Verständnis. «Im Rahmen dessen,

was zum jetzigen Zeitpunkt bekannt ist, schaffen die Maßnahmen
maximale Klarheit für die Schüler*innen.»

Die Industrie- und Handelskammern Hannover und Bremen teilten mit,
dass auch die schriftlichen Abschlussprüfungen für Auszubildende
verlegt wurden. Die für April und Mai geplanten Arbeiten sollen vom
16. bis 19. Juni nachgeholt werden - zuerst mit den
industriell-technischen, dann mit den kaufmännischen Prüfungen.

Der Verband Bildung und Erziehung begrüßte die Verschiebung der
Prüfungstermine. «Diese Neufestlegung gibt den Schulen mehr Zeit zur
Vorbereitung auf die Prüfungen und zumindest für die kommenden Wochen
eine Planungssicherheit», sagte der Vorsitzende des Niedersächsischen
Landesverbands, Franz-Josef Meyer. Die Schulen bräuchten jetzt aber
auch den Freiraum, einzelne Unterrichtseinheiten anders zu bewerten
oder zu streichen, hieß es vom Verband. «Man kann nach Wiederbeginn
des Unterrichts nicht einfach so weitermachen als habe es den Ausfall
nicht gegeben.»