Rasant steigende Nachfrage nach KfW-Hilfen - Banken prüfen genau Von Jörn Bender, dpa

Viele Unternehmen stehen wegen der Corona-Krise mit dem Rücken zur
Wand. Kommen die staatlichen Rettungskredite rechtzeitig an? Banken
und Sparkassen versichern: Wir tun alles dafür.

Frankfurt/Main (dpa) - Der Zeitdruck ist gewaltig, die Nachfrage nach
Hilfen steigt rasant: Die ersten KfW-Hilfskredite sind bereits in der
ersten Woche des staatlichen Sonderprogramms ausgezahlt worden.
Banken und Sparkassen werden geradezu überrannt von Anfragen - und
versichern unisono: Wir tun alles, um kleinen wie großen Firmen in
der Corona-Krise rasch zu helfen. Aber nicht in allen Fällen läuft es
reibungslos.

Bis einschließlich Donnerstag lagen der staatlichen Förderbank KfW
443 Anträge über insgesamt rund 7,4 Milliarden Euro vor. Die Zahlen
steigen rasant: Tags zuvor waren es noch 195 Anträge mit einem
Gesamtvolumen von 4,8 Milliarden Euro. «Wir erhalten Kreditanträge
über alle Größenklassen verteilt, der Schwerpunkt liegt jedoch bei
kleinvolumigeren Kreditanträgen bis eine Million Euro», sagte eine
KfW-Sprecherin in Frankfurt. «Die KfW ist darauf vorbereitet, auch
hohe Stückzahlen von Krediten zu bearbeiten.»

KfW-Chef Günther Bräunig sagte dem «Handelsblatt» (Freitag), die
Förderbank stelle sich auf bis zu 100 000 Anträge ein. «Natürlich
müssen dabei Kreditvergabestandards eingehalten werden. Aber wenn so
viel auf einmal kommt, kann man nicht ausschließen, dass dabei auch
Unternehmen gefördert werden, die nachher nicht wieder aus der Krise
kommen», sagte Bräunig.

Der Bäcker an der Ecke, die Stammkneipe oder der Malermeister - viele
kleine Betriebe bangen um ihre Existenz. Infolge der Corona-Krise
sind Aufträge und Umsätze binnen kürzester Zeit weggebrochen, Kosten

wie Mieten und Strom aber müssen meist weiterhin bezahlt werden. Doch
auch ganze Branchen wie die Luftfahrt- und die Automobilindustrie
trifft es hart.

Seit dem 23. März können Firmen Mittel aus dem KfW-Sonderprogramm bei
ihrer Hausbank beantragen. Die staatliche Förderbank - und damit die
öffentliche Hand - übernimmt den Großteil des Risikos für den Fall,

dass Unternehmer das Geld nicht zurückzahlen können.

Bei Betriebsmittelkrediten und Investitionen kleiner und mittlerer
Unternehmen trägt die KfW 90 Prozent des Kreditrisikos. Bei größeren

Firmen sind es 80 Prozent. Für Kredite bis drei Millionen Euro pro
Unternehmen verzichtet die KfW auf eine eigene Risikoprüfung. Bei
Summen bis zehn Millionen Euro gibt es eine vereinfachte Prüfung. Die
Zinsen liegen je nach Größe des Unternehmens zwischen 1 und 2,12
Prozent bei Krediten mit fünf Jahren Laufzeit.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte unbürokratische
Bearbeitung zugesichert: «Die Auszahlung erfolgt schnellstmöglich,
denn wir wissen, dass für viele Unternehmen jede Woche zählt.» Unter

anderen DIHK-Präsident Eric Schweitzer hatte zur Eile gemahnt: «Die
Nerven vieler Unternehmer liegen blank, denn sie haben bereits einige
Wochen Durststrecke hinter sich.»

Zwei Tage nach dem Bundestag stimmte am Freitag auch der Bundesrat
einstimmig den gewaltigen Hilfspaketen zu. Damit können nun große
Firmen unter einen 600 Milliarden Euro umfassenden Schutzschirm
schlüpfen und notfalls ganz oder zum Teil verstaatlicht werden. Für
kleine Firmen und Selbstständige gibt es direkte Zuschüsse von
insgesamt 50 Milliarden Euro. Die ersten Gelder sollen noch vor dem
1. April bei den Betroffenen ankommen.

Der Präsident des Außenhandelsverbandes BGA, Holger Bingmann, mahnte:
«Für den Erfolg aller stabilisierenden Maßnahmen wird entscheidend
sein, dass die beschlossenen finanziellen Hilfspakte die Unternehmen
auch erreichen, insbesondere den breiten Mittelstand. Vielen
Unternehmen, gerade auch kleineren, steht das Wasser bereits bis zum
Hals und ihnen bleiben nur noch wenige Tage Zeit.» Der
stellvertretende BGA-Hauptgeschäftsführer André Schwarz sagte der
Deutschen Presse-Agentur: «Die Bewilligung der Kredite funktioniert
noch nicht so zügig wie es die Unternehmen bräuchten.»

Die Kreditwirtschaft ist bemüht, die Flut der Anfragen nach
KfW-Krediten schnellstmöglich abzuarbeiten - allerdings betonen
Banken und Sparkassen auch, alle Anträge müssten sorgfältig geprüft

werden. Banken müssten «die Risiken weiter im Blick behalten», sagte

etwa Stefan Bender, Leiter Unternehmensbank Deutschland der Deutschen
Bank. «Und klar ist auch: Wenn der Kunde schon vor der Corona-Krise
massive Probleme hatte, sein Geschäft fortzuführen, bekommt er
möglicherweise keinen Förderkredit.»

Auch die Commerzbank bemüht sich um Tempo, verweist aber ebenfalls
auf die Notwendigkeit einer genauen Prüfung der Anträge. «Die
90-prozentige Haftungsübernahme des Staates hilft natürlich bei der
Bewilligung von Krediten, aber sie ersetzt nicht die individuelle
Risikoprüfung», sagte der Firmenkundenchef des Instituts, Roland
Boekhout, der Deutschen Presse-Agentur. «Eine Komplettübernahme der
Haftung würde den Prozess natürlich noch beschleunigen.»

Auch der BGA hielte es für sinnvoll, den Banken, die sich angesichts
des Zinstiefs ohnehin in einer schwierigen Ertragslage befinden, noch
mehr vom Restrisiko abzunehmen, damit die KfW-Kredite nicht zu viel
Eigenkapital binden. Aus der Wirtschaft waren Forderungen laut
geworden, die Bundesregierung solle die Hilfskredite zu 100 Prozent
absichern, um das Geld so noch schneller an die Firmen zu bringen.

KfW-Chef Bräunig sprach sich im «Handelsblatt»-Interview jedoch daf
ür
aus, die Mithaftung der Banken beizubehalten: «Ich halte es für
wichtig, dass bei den Banken eine Mithaftung von 10 beziehungsweise
20 Prozent verbleibt. Das erscheint mir die entscheidende
Mindestgrenze zu sein.»

Die Banken selbst betonten zuletzt immer wieder, sie sähen sich -
anders als in der Finanzkrise 2008/2009 - als Teil der Lösung. «Noch
nie haben wir ein Programm so schnell startklar bekommen», stellte
Bräunig fest. Der Präsident des Deutschen Sparkassen- und
Giroverbandes (DSGV), Helmut Schleweis, hatte geschildert, einzelne
Institute hätten sogar Mitarbeiter aus dem Ruhestand zurückgeholt, um
Kreditanträge schnell zu bearbeiten. Der Vorstandsvorsitzende der
Frankfurter Sparkasse, Robert Restani, sagte am Freitag: «Wir haben
gerade keine Kurzarbeit, sondern Langarbeit.»