Asylbewerber als Erntehelfer? Flüchtlingsrat mahnt

Das Coronavirus bringt Landwirte in Bedrängnis - ihnen fehlt die
Hilfe von Saisonarbeitern, die zurzeit nicht einreisen können.
Minister bringen Asylbewerber als Erntehelfer ins Spiel. Der
Flüchtlingsrat ist allerdings nicht rundherum begeistert.

München (dpa/lby) - Asylbewerber sollten nach einem Vorschlag von
Innenminister Joachim Herrmann (CSU) in der Corona-Krise als
Erntehelfer arbeiten dürfen. Dazu müssten Ausländerbehörden
Asylbewerbern Beschäftigungserlaubnisse erteilen. Damit reagierte
Herrmann auf Hilfsappelle aus der Landwirtschaft. Dort fehlen
angesichts der Corona-Krise Hunderte osteuropäische Erntehelfer.
Diese können wegen der geschlossenen Grenzen nicht einreisen. «Mit
dieser Sorge dürfen wir unsere Landwirte nicht alleine lassen», sagte
Herrmann laut Mitteilung vom Freitag. Die Gewinnung von Erntehelfern
stehe im öffentlichen Interesse. Der Flüchtlingsrat reagierte
verhalten auf den Vorschlag.

Würde es Asylbewerbern ermöglicht, in der Landwirtschaft zu arbeiten,
profitierten beide Seiten: «Unsere Landwirte bekommen ihre Ernte von
den Feldern. Das hilft, die Versorgung der Bevölkerung zu sichern.
Und Asylbewerber haben die Chance auf einen Job und ein Stück weit
finanzielle Selbstständigkeit», sagte Herrmann. Agrarministerin
Michaela Kaniber (CSU) ergänzte: «In der gegenwärtigen
Krisensituation können Bayerns landwirtschaftliche Betriebe jede
tatkräftige Unterstützung gebrauchen.»

Herrmann betonte, die Aufforderung gelte für Asylbewerber im
laufenden Verfahren ebenso wie für bereits abgelehnte Asylbewerber.
Deren Beschäftigungserlaubnisse würden allerdings nur zeitlich
beschränkt für die Zeit der Erntehelferarbeit erteilt. Das
Innenministerium habe die Ausländerbehörden außerdem gebeten,
Aufenthaltstitel und Beschäftigungserlaubnisse für Ausländer, die in

der Lebensmittelbranche tätig sind, prioritär zu behandeln und zu
verlängern, um die Grundversorgung der Bürger sicherzustellen.

Mit ihrem Vorstoß stießen die beiden Minister beim Bayerischen
Flüchtlingsrat auf Zustimmung und Protest gleichermaßen. Viele
geduldete Geflüchtete kämpften seit Jahren vergebens darum, arbeiten
zu dürfen oder eine Ausbildung anzufangen, teilte eine Sprecherin
mit. «Jetzt, wo aufgrund der Coronakrise Erntehelfer nicht ins Land
dürfen oder nicht zuletzt auch aus völlig verständlichem Selbstschutz

fernbleiben, sollen Geflüchtete einspringen.» Jedoch gelte das nur
kurzfristig. «Eine Bleibeperspektive soll daraus nicht entstehen.»

Das sei eine «ungeheuerliche opportunistische Ausbeutung», sagte die
Sprecherin. Der Flüchtlingsrat begrüße es, wenn Flüchtlingen der
Zugang zur Arbeit erleichtert wird. «Jedoch nur unter fairer
Bezahlung, umfassenden Schutzmaßnahmen und langfristig.»