Wirtschaft erwartet noch deutlich stärkere Corona-Einbußen

Viele Firmen ächzen unter der Corona-Krise - und die Probleme dürften
sich noch verschärfen. Möglichst rasch sollen nun staatliche Hilfen
fließen. Einige denken aber auch schon an die Zeit des Neustarts.

Berlin (dpa) - Die Wirtschaft befürchtet in der Corona-Krise noch
höhere Einbußen als zunächst angenommen. Dies zeigt eine am Freitag
veröffentlichte Umfrage des Deutschen Industrie- und
Handelskammertags (DIHK). Demnach rechnen inzwischen über 80 Prozent
der Unternehmen mit einem deutlichen Umsatzminus für das Gesamtjahr
2020. Anfang März hatte sich etwa jeder zweite Betrieb so geäußert.

Mehr als ein Viertel (26 Prozent) aller 15 000 bundesweit befragten
Firmen erwarten einen Einbruch der Erlöse um mehr als die Hälfte,
etwa genauso viele kalkulieren mit einem Minus von 25 bis 50 Prozent.
Auch die Zahlungsfähigkeit zahlreicher Unternehmen ist demnach
bedroht, nahezu 20 Prozent halten eine Insolvenz für möglich.

«Wenn wir uns dieser Entwicklung nicht entschieden entgegenstellen,
erleben wir wirtschaftliche Schäden von historischem Ausmaß», sagte
DIHK-Präsident Eric Schweitzer in Berlin. Der Bundesrat stimmte dem
umfassenden Hilfspaket gegen die Corona-Krise zu, nachdem zuvor schon
der Bundestag grünes Licht gegeben hatte. Es geht um die Rettung von
Arbeitsplätzen und Unternehmen, Unterstützung für Krankenhäuser sow
ie
die Sicherung von Lebensunterhalt und Wohnung vieler Menschen.
Beobachter mahnen, man müsse auch die Bedingungen für einen Neustart
der Wirtschaft diskutieren - mit entsprechenden Investitionen.

Laut der DIHK-Umfrage melden 92 Prozent der teilnehmenden Firmen
«negative Auswirkungen» der Viruskrise auf ihre Geschäfte. Deutlich
mehr als ein Drittel (38 Prozent) hält einen Personalabbau für
unausweichlich - in den besonders betroffenen Branchen Tourismus und
Gastgewerbe sind es zwei Drittel. Nur 2 Prozent aller Betriebe
schätzen, dass sie in diesem Jahr an Umsatz zulegen können. 48
Prozent melden dagegen Corona-bedingte Stornierungen von Aufträgen,
41 Prozent Engpässe bei der Liquidität, 43 Prozent den Stillstand
ihrer Aktivitäten.

Insgesamt 68 Prozent sehen das Kurzarbeitergeld als wichtige Hilfe.
Zuschüsse benötigen über zwei Drittel der Firmen. «Für kleine
Betriebe ist das die wichtigste Unterstützung», erklärte Schweitzer.


Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer betonte, die Hilfen müssten
jetzt möglichst rasch und unbürokratisch fließen. «Die Marschrichtu
ng
bei Verwaltungen, Institutionen und Banken kann nur lauten: schnell,
schnell, schnell und ohne viel Formularkram bei Beantragung und
Auszahlung.» Davon hänge in vielen Fällen ab, ob unverschuldet in
Existenznot geratene Betriebe am Leben bleiben können.

Jenseits der akuten Bewältigung der Viruskrise mit Personalausfällen,
unterbrochenen Lieferketten oder schwindender Nachfrage sollten
Politik und Wirtschaft den Blick jedoch auch schon in die Zukunft
richten, hieß es aus der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften
(Acatech) in München: «Zukunftsinvestitionen sollten trotz - oder
gerade wegen der Krise - nicht zu lange auf Eis liegen.» Der Zwang
zur Neuorganisation vieler Abläufe berge auch Chancen - etwa den
beschleunigten Ausbau von Digitalisierung, E-Learning oder mobilem
Arbeiten. Auch die medizinische Forschung müsse nun gestärkt werden.