Elf Corona-Tote - Würzburger Pflegeheim braucht Personal und Material

Trotz elf Toter wird ein Würzburger Seniorenheim nicht evakuiert.
Alle positiv auf das Coronavirus getesteten Bewohner werden
stattdessen in separate Stationen verbracht. Oberbürgermeister
Schuchardt richtet einen Appell an die Öffentlichkeit.

Würzburg (dpa/lby) - Das Würzburger Seniorenheim St. Nikolaus, in dem
bisher elf Bewohner nach einer Infektion mit dem neuartigen
Coronavirus gestorben sind, soll nicht evakuiert werden. Das teilten
Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt (CDU) und der Leiter
des Würzburger Gesundheitsamtes, Johann Löw, am Freitag mit. Die
positiv auf das Virus Sars-CoV-2 getesteten Personen auf Stationen
innerhalb der Einrichtung zu isolieren, sei nach langer Abwägung
aller Faktoren die medizinisch sinnvollste Lösung, hieß es.

Schuchardt betonte, die Einrichtung leide derzeit vor allem an einem
Mangel an Personal und Schutzkleidung. Er appellierte an Unternehmen
«und an die Allgemeinheit», weiter zu helfen. Es gebe ein großartiges

Engagement in der Würzburger Bevölkerung. So nähten einige
Unternehmen Atemmasken und Schutzkleidung, ein Farbenhersteller habe
nicht benötigte Schutzmasken zur Verfügung gestellt.

Inzwischen sind den Angaben zufolge alle 161 meist hochbetagte und
demenzkranke Bewohner sowie alle Mitarbeiter der Einrichtung auf das
Coronavirus getestet worden, davon 44 Bewohner und 32 Mitarbeiter
positiv. Alle drei Tage sollen die Tests wiederholt werden.

Alle positiv getesteten Bewohner würden auf zwei bis drei Stationen
verbracht. Bewohner, die nicht positiv getestet sind, bleiben auf
ihren bisherigen Stationen. Gegen eine Evakuierung des Heims habe
gesprochen, dass beim Transport der hochbetagten, infizierten
Menschen eine neue Infektionsgefahr entstanden wäre, so Schuchardt.

Der ärztliche Leiter des Krisenstabs, Michael Schwab, sagte, bei der
Komplett-Testung des Heims seien auch völlig unauffällige Bewohner
positiv gewesen. Auch habe sich gezeigt, dass es bei der Krankheit
häufig nach sieben Tagen zu einem weiteren Schub komme.

«Bei der Behandlung von Corona lernen wir Ärzte jeden Tag dazu»,
sagte er. «Es kann jedes Heim treffen. Wir mussten schmerzhaft
lernen, wie schnell die Pandemie sich ausbreitet.» Die jetzt in dem
Heim getroffenen Maßnahmen könnten für andere zu einer «Blaupause
»
werden, um Herausforderungen durch das Virus besser zu bewältigen.

In der Pflegeeinrichtung herrschten «überraschend geordnete
Verhältnisse», fügte Schwab hinzu. Pflegekräfte und Ärzte arbeite
ten
dort an der Grenze ihrer Belastbarkeit. Sie gingen das eigene Risiko
einer Infektion ein, um die Bewohner zu versorgen. «Menschen mit
Demenz zu pflegen, bedeutet Körperkontakt - beim Waschen, beim
Anziehen, beim Medikamente-Verabreichen. Und Sie können demente
Menschen nicht fixieren oder in ihrem Zimmer einsperren», sagte er.

Eine gute Nachricht sei, dass von zwölf Bewohnern, die mit
Krankheitssymptomen in Würzburger Kliniken gebracht worden waren,
inzwischen sechs genesen seien, sagte der Pandemiearzt. Diese könnten
wieder zurückverlegt werden.

Er mahnte aber auch: «Wenn wir das Leben dieser hochbetagten
Patienten retten wollen, brauchen wir die bestmögliche Unterstützung,
insbesondere mehr Schutzausrüstung, mehr Testkapazitäten und Pfleger,
die bereit sind, das Risiko einer Infektion einzugehen.»

In dem Seniorenheim St. Nikolaus war am Donnerstag der inzwischen
elfte Patient nach einer Infektion mit dem neuartigen Erreger
gestorben. Gesundheitsamtsleiter Löw zufolge wurde auch in einem
weiteren Würzburger Altenheim eine Patientin positiv getestet. Sie
werde nun ebenfalls isoliert. Auch im Landkreis Fürth und in Augsburg
wurden Corona-Fälle in Seniorenheimen bekannt.