Online im Landtag - Ausschussberatungen ab Ostern auch per Livestream

Seit in Bayern das Coronavirus grassiert, muss auch der Landtag mit
massiven Einschränkungen umgehen. Sollte die Ansteckungsgefahr länger
hoch bleiben, kann ab Ostern das Internet eine Alternative bieten.

München (dpa/lby) - Wegen der Corona-Krise stellt sich der bayerische
Landtag für die Zeit nach Ostern auf mehr parlamentarische Beratungen
per Internet ein. Bereits in der kommenden Woche will sich der
Rechtsausschuss mit der notwendigen Änderung der Geschäftsordnung
befassen. Dies haben am Freitag die Parlamentarischen Geschäftsführer
aller Fraktionen mit Landtagspräsidentin Ilse Aigner beschlossen. Die
Geschäftsordnung soll während der Corona-Pandemie digitale Tagungen
und Gesetzesberatungen der Ausschüsse ermöglichen, generell sollen
aber weiterhin Präsenzsitzungen mit weniger Teilnehmern angestrebt
werden. Der Landtag muss dem am 23. April aber noch zustimmen.

«Demokratie steht niemals still - das gilt natürlich auch für die
Ausschüsse», sagte Aigner (CSU) der Deutschen Presse-Agentur in
München. Wie bei den Plenarsitzungen soll in den Ausschüssen in der
Corona-Krise nur noch ein Fünftel der Teilnehmer anwesend sein -
wobei die tatsächlichen Mehrheitsverhältnisse von allen Fraktionen
wechselseitig anerkannt werden. Zudem können sich Abgeordnete künftig
per Video zuschalten lassen. In jedem Fall müssen die
Ausschussvorsitzenden im Landtag vor Ort sein.

«Es freut mich, dass gerade in Krisenzeiten so gut
fraktionsübergreifend zusammengearbeitet wird und man sich offen für
innovative Ideen zeigt - auch wenn sie vorerst auf den Ausnahmefall
bezogen sind», sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der
FDP-Fraktion, Matthias Fischbach. Es sei wichtig, dass das Parlament
sogar dann handlungsfähig bleibe, wenn mehrere Abgeordnete zum Schutz
von sich selbst oder von anderen nicht physisch vor Ort sein könnten.
«Die Technik bietet inzwischen viele Möglichkeiten, auf die wir als
Bayerischer Landtag zurückgreifen sollten.»

Natürlich sei jedem klar, dass eine Präsenzsitzung - sofern sie
sicher stattfinden kann - zu bevorzugen sei, betonte Fischbach.
«Digitale Demokratie hat aber Zukunft. Ich hoffe, dass wir aus diesen
Erfahrungen lernen und das Ganze eventuell auch als Blaupause für
kleinere Kommunalparlamente dienen kann. Die werden wahrscheinlich ab
Mai vor der Frage stehen, wie sie sich in Corona-Zeiten sicher
konstituieren können.»

Fischbachs Amtskollege von den Grünen, Jürgen Mistol, hatte die
Initiative ins Rollen gebracht. «Die schnelle Reaktion des
Landtagspräsidiums auf unseren Vorstoß zeigt auf erfreuliche Weise,
wie gut die parlamentarische Zusammenarbeit auch zwischen
Regierungsfraktionen und Opposition in dieser Krise funktioniert»,
betonte er. Dies sei wichtig, da die Demokratie keine Pause machen
dürfe. «Die geplanten Änderungen in der Landtags-Geschäftsordnung
stellen sicher, dass der Bayerische Landtag unabhängig von der
weiteren Entwicklung der Corona-Krise handlungsfähig bleibt und seine
Rolle als gesetzgebendes Verfassungsorgan ausfüllen kann.»

Mistol hatte als Begründung auch auf andere Parlamente wie das
Europäische Parlament, den Landtag in Baden-Württemberg und den
Bundestag verwiesen, wo entsprechende Geschäftsordnungsänderungen
bereits auf den Weg gebracht wurden.

Für Fabian Mehring (Freie Wähler) ist die Präsenz der Abgeordneten im

Landtag auch in dieser Krise eine Selbstverständlichkeit.
Online-Beratungen sollten aus seiner Sicht unbedingt die Ausnahme
bleiben: «Es wäre ein grundfalsches Signal an all die Helden des
Alltags, die derzeit in den Supermärkten oder Krankenhäusern den
Betrieb aufrechterhalten, wenn ausgerechnet wir Volksvertreter uns
eine Extrawurst braten und nur noch vom Sofa aus arbeiten.»

Notwendig wird die Zusatzregelung wegen der unklaren Perspektiven bei
der Eindämmung der Krankheit: «Wir alle wissen nicht, wie lange uns
dieses Virus noch in Atem hält, wann wir in unserem gewohnten Alltag
fortfahren können», hieß es in Mistols Schreiben. Bislang hat der
Landtag sich nur auf die Zeit bis nach den Osterferien verständigt.
Wegen der hohen Ansteckungsgefahr durch Tröpfchenübertragungen fanden
die Landtagssitzungen zuletzt nur noch mit einer reduzierten Anzahl
von Abgeordneten statt. Zudem waren die Beratungen kürzer, um die
Gesundheit der Abgeordneten nicht unnötig zu gefährden.