Sportpsychologe Weidig rät nach Olympia-Aus: «Distanzierung»

Die Entscheidung des IOC, die Olympischen Spiele in Tokio zu
verschieben, hat Einfluss auf die persönlichen Pläne zahlreicher
Athleten. Oft sind sie verunsichert. Sportpsychologe Thorsten Weidig
empfiehlt ihnen: «Auf Durchzug schalten.»

Hamburg (dpa) - Der Klarheit über das Olympia-Aus folgt eine neue
Ungewissheit: Die Absage der Olympischen Spiele in diesem Sommer in
Tokio wegen der Corona-Pandemie stellt etliche Sportler vor neue
Herausforderungen und sorgt für Verunsicherung. «Das geht auch einher
mit einem entsprechenden Gefühlschaos von Hilflosigkeit und
vielleicht auch Ängstlichkeit, aber auch Ärger, weil man sich
vorbereitet hat und jetzt nicht kann», sagte der Hamburger
Sportpsychologe Thorsten Weidig im Interview mit der Deutschen
Presse-Agentur.

Die Sportler wüssten, dass es im Moment Wichtigeres als Olympia gebe.
«Trotzdem sind die Gefühle ja da», meinte er weiter. «Ich finde es

erst einmal wichtig, diese Gefühle zu akzeptieren und auch zuzulassen
und sie nicht wegzurationalisieren.»

Zwar gibt es inhaltlich kaum Kritik an der lange hinausgezögerten
Entscheidung des Internationalen Olympischen Komitees. Doch die
Verschiebung hat bei etlichen Olympia-Kandidaten nicht nur Einfluss
auf die sportlichen, sondern auch massiv auf ihre Lebens- oder
Berufspläne. Und auch finanzielle Fragen stellen sich.

Weidig empfiehlt seinen Klienten erst einmal eine innere
Distanzierung, «weil sonst die Gefahr da ist, dass ich im
gedanklichen Hamsterrad drin stecke und mich von den aktuellen
Ereignissen - die sich nicht gut anfühlen - zu sehr negativ
beeinflussen lasse». Der einfache Rat des 46-Jährigen, der unter
anderen auch die Nationalteams der Hockey-Herren und der
Volleyball-Damen sowie Athleten am Olympiastützpunkt in Hamburg
berät: «Auf Durchzug schalten.»

Seit Beginn der Corona-Pandemie hat die Arbeit mit Sportlern nach
Weidigs Aussage «ein bisschen zugenommen». Aktuell sage er ihnen
jetzt: «Macht was anderes, und in drei Wochen nehmen wir die Arbeit
wieder auf.» Das mache er in Saisonpausen auch. «Für mich ist das
eine Saisonpause, die jetzt einsetzt. Ich empfehle den Sportlern, die
Saisonpause für sich sinnvoll zu nutzen, dass sie den Fokus auf
andere Dinge legen und Energie tanken können.»