Dohnanyi befürchtet schwere wirtschaftliche Folgen der Corona-Krise

Hamburgs Altbürgermeister Klaus von Dohnanyi (SPD) befürchtet schwere
wirtschaftliche Konsequenzen nach der Corona-Pandemie, sollte die
Politik nicht jetzt handeln. In Schleswig-Holstein spüren bereits
fast 90 Prozent der Unternehmen die Folgen.

Hamburg/Kiel (dpa/lno) - Hamburgs Altbürgermeister Klaus von Dohnanyi
(SPD) hat vor massiven Verwerfungen in der Wirtschaft nach der
Corona-Pandemie gewarnt, sollte die Politik nicht jetzt gegensteuern.
Nach der Krise werde ein Überangebot von Produktionskapazitäten mit
vielen Arbeitsplätzen auf eine Gesellschaft treffen, die längere Zeit
kaum Geld verdient habe und Ersparnisse habe angreifen müssen, sagte
der 91-Jährige in einem Interview des «Hamburger Abendblatts».
Folglich werde ein Teil der Produktionskapazitäten zunächst gar nicht
voll genutzt werden können. «Dann könnte dadurch Arbeitslosigkeit
drohen, und die könnte durch die Folgen der Digitalisierung, der
Klimapolitik und sinnloser internationaler Sanktionen weiter
verstärkt werden.»

Um dies zu verhindern, macht sich Dohnanyi dafür stark, Unternehmen
der besonders betroffenen Branchen Teile ihrer Ertrags- und
Gewerbesteuern aus früheren Jahren sofort «leihweise» zurückzuzahle
n.
«Das dauert ein paar Tage, hilft den Unternehmen schnell und
zielgenau und ginge sogar ohne Antrag und Bürokratie.» Zudem sei ein
solches Programm gut kalkulierbar, «weil man ja weiß, wer wie viel
Steuern gezahlt hat, und wer keine gezahlt hat, dem kann man ja dann
über den beschlossenen Kreditweg der Banken helfen». Bund, Länder und

Kommunen könnten sich die als Steuerrückzahlungen geleisteten Beträge

dann wieder aus dem Rettungsfonds erstatten lassen.

Die Corona-Krise belastet nach einer neuen Blitzumfrage der Industrie
und Handelskammer die Wirtschaft in Schleswig-Holstein spürbar und
betrifft mittlerweile fast jedes Unternehmen unabhängig von der
Branche. Neun von zehn der befragten Unternehmen (87 Prozent) geben
an, dass die Krise bereits negative Auswirkungen auf ihr Geschäft
hat. Fast jedes zweite Unternehmen (46 Prozent) vermeldet den
kompletten Stillstand der Geschäftstätigkeit.

2269 Unternehmen beteiligten sich an der Umfrage. In einer früheren
Befragung Anfang März waren es noch vier von zehn Betrieben (39
Prozent) gewesen, die Auswirkungen auf ihre Geschäftslage spürten.
«Es zeigt sich, dass sich die Lage bei den schleswig-holsteinischen
Unternehmen in den vergangenen Wochen extrem verschärft hat und
schnelle Hilfe dringend erforderlich ist», fasste Friederike C. Kühn,
Präsidentin der IHK Schleswig-Holstein, die Ergebnisse zusammen.

Ohne Hilfe könnten die Unternehmen diese Situation nicht lange
überstehen, sagte Kühn. Als besonders wirksam bewerten die
Unternehmen Soforthilfen in Form von Zuschüssen: 74 Prozent halten
dies für ein sehr relevantes Mittel zur Unterstützung. Aber auch das
Kurzarbeitergeld sowie Steuerstundungen oder die Herabsetzung von
Vorauszahlungen halten sie für wichtige Hilfen.

Tausende Solo-Selbstständige und Klein-Betriebe haben gleich am
ersten Tag Anträge auf wirtschaftliche Soforthilfe zur Bewältigung
der Corona-Krise bei der Investitionsbank Schleswig-Holstein
gestellt. Am Donnerstag bis 16.00 Uhr wurden von der Website der
Investitionsbank 11 000 Antragsformulare heruntergeladen, 6700
E-Mails mit fertig ausgefüllten Formularen oder Anfragen zu dem
Antrag gingen ein, wie die Investitionsbank mitteilte.

Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) zeigte sich optimistisch,
dass zu Beginn der kommenden Woche erste Zuschüsse ausgezahlt werden.
Für Kleinbetriebe sieht das Bundesprogramm Zuschüsse von bis zu 9000
Euro für Gewerbetreibende und Selbstständige mit bis zu fünf
sozialversicherungspflichtigen Vollzeitarbeitskräften vor. Wer
zwischen fünf und zehn Mitarbeiter in Vollzeit beschäftigt, kann bis
zu 15 000 Euro erhalten.

In Hamburg und Schleswig-Holstein war die Zahl der Corona-Infizierten
bis Donnerstag um 240 auf insgesamt 2299 gestiegen. Die Zahl der
Covid-19-Erkrankten, die sich in klinischer Behandlung befinden,
erhöhte sich den Angaben zufolge im Norden um 26 auf 138. In Hamburg
erhöhte sich zudem die Zahl jener Patienten, die intensivmedizinisch
betreut werden müssen, um 4 auf 23. In Schleswig-Holstein stieg die
Zahl der Toten im Zusammenhang mit dem neuen Virus auf fünf. Eine
87-Jahre alte Frau aus dem Kreis Pinneberg starb am Mittwoch in einem
Krankenhaus. Zu ihren Vorerkankungen wurde zunächst nichts bekannt.