Mal glatt, mal holperig: So läuft Bayerns historische Stichwahl

In Zeiten von Corona ist alles anders - auch Wahlen. Die Stichwahl in
Bayern ist diesmal einzig ein Gang zum Briefkasten. Mancherorts kommt
es schon vor dem Wahlsonntag zu Problemen.

München (dpa/lby) - Auch wenn es eine nie da gewesene Herausforderung
ist, laufen die Vorbereitungen auf die Stichwahl in Bayern am Sonntag
bisher erstaunlich glatt: Alle Briefwahlunterlagen sind verschickt
und genügend Wahlhelfer für eine schnelle Auszählung dürfte es auch

geben. Doch diese ganz besondere Wahl im Zeichen der Corona-Pandemie
bringt auch Probleme mit sich. In mindestens einer Kommune in
Oberfranken war zeitweise unklar, ob die Wahl am letzten März-Sonntag
des Jahres überhaupt stattfindet.

In Kulmbach, der Heimatstadt von TV-Entertainer Thomas Gottschalk,
stand der Termin bis Freitagmittag noch auf der Kippe - die Pandemie
war aber nicht der Grund. In der oberfränkischen Kreisstadt laufen
Ermittlungen wegen möglicher Wahlmanipulation. Es könnten
Wahlunterlagen vernichtet worden sein, sagte ein Sprecher der
örtlichen Polizei. Trotzdem soll die Wahl am Sonntag stattfinden. Bei
der Überprüfung der Wahlergebnisse werden die Ermittlungen dann laut
Landratsamt allerdings eine wichtige Rolle spielen.

Für die Wahlhelfer gelten wegen der Corona-Krise landesweit besondere
Schutzvorkehrungen: 1,5 Meter Mindestabstand, genügend Möglichkeiten
zum Händewaschen, Einweghandschuhe, Desinfektionsmittel. Mancherorts
wurde die Zahl der Wahlhelfer sogar so stark reduziert, dass am
Wahlsonntag kein Ergebnis mehr erwartet wird - so etwa in der
Landeshauptstadt München. Andernorts, etwa in Erlangen und Forchheim,
kommen freiwillige Wahlhelfer gar nicht erst zum Einsatz. Dort werden
die Stimmen von städtischen Mitarbeitern ausgezählt - am Montag.

Im gesamten Freistaat gibt es rund 750 Stichwahlen (erste
Bürgermeister, Oberbürgermeister und Landräte). Das ist überall dor
t
der Fall, wo im ersten Durchgang keiner der Kandidaten die Hälfte der
gültigen Stimmen holte. In 18 Landkreisen, 16 kreisfreien Städten und
vielen anderen Gemeinden, haben die Bürger nun die Wahl zwischen den
zwei Bestplatzierten - etwa in München, Nürnberg und Augsburg.

Die Stichwahl ist vor allem ein enormer logistischer Aufwand. In
kürzester Zeit mussten eine reine Briefwahl organisiert und enorm
viele Unterlagen gedruckt werden. Wie viele Menschen am Sonntag
tatsächlich die Wahl haben, können weder das Innenministerium noch
das Landesamt für Statistik sagen. Sicher ist: Es sind mehrere
Millionen. Und das heißt auch, dass in den vergangenen Tagen mehrere
Millionen Briefwahlunterlagen mit der Post verschickt wurden.

Allein in der Landeshauptstadt wurden mehr als 1,1 Millionen Briefe
versandt - bei so einer hohen Zahl sei es fast selbstverständlich,
dass der ein oder andere Brief verloren gehe, sagte ein Sprecher des
Kreisverwaltungsreferats München. Bei manchen Empfängern fehle auch
einfach der Name am Briefkasten, so dass die Unterlagen unzustellbar
zurückgingen.

Aber auch wer erst kurz vor knapp den Brief mit dem Wahlschein
bekommt, kann noch rechtzeitig seine Stimme abgeben. Die Deutsche
Post will am Samstagabend sämtliche gelbe Briefkästen im Freistaat
erneut leeren. Die Wahlbriefe werden noch am Sonntag den jeweiligen
Ämtern zugestellt. Wer auf Nummer sicher gehen will, wirft den Brief
aber direkt beim Rathaus ein.

Bei einer normalen Wahl werden vorab die verschickten
Briefwahlunterlagen gezählt, um einen Trend der Wahlbeteiligung zu
bekommen. Bei einer reinen Briefwahl geht das nicht - denn jeder
bekommt die Unterlagen. Wie viele sie tatsächlich ausgefüllt
zurücksenden ist unklar. In München waren es am Freitagnachmittag
schon mehr als 450 000 Briefe, die ausgefüllt ans Wahlamt
zurückgeschickt wurden - ob das allerdings viel oder wenig ist, lässt
sich schwer sagen, denn es gibt ja keinerlei Vergleichswerte.