Berlins Zootiere langweilen sich ohne Besucher - Babyboom möglich

Nix mehr los: In Zoo und Tierpark scheinen einige Bewohner die
Ablenkung durch Besucher schmerzlich zu vermissen. Viel schwerer aber
wiegt der wirtschaftliche Schaden durch fehlende Eintrittsgelder. Was
nun?

Berlin (dpa/bb) - Im Berliner Zoo verstehen die Affen die Welt nicht
mehr: Vor ihren Gehegen herrscht seit fast zwei Wochen Totenstille.
«Manche Tiere vermissen die Besucher ein bisschen», sagt Sprecherin
Philine Hachmeister. «Gerade die Affen beobachten ganz gerne
Menschen.» Auch andere Tiere wie Robben oder Papageie fänden es
spannend, wer da so vorbeikommt. «Für sie ist das jetzt ein Stück
weit langweilig.» Weitaus schlimmer aber trifft die Coronakrise Zoo
und Tierpark wirtschaftlich. Das finanzielle Polster reicht ohne
Eintrittsgelder nicht ewig.

In Zoo, Tierpark und Aquarium leben rund 30 000 Tiere. «Besucher sind
unsere Haupteinnahmequelle», sagt Hachmeister. Das Wirtschaftliche
sei deshalb nun die größte Sorge und Herausforderung. «Alle bei uns
sind angespannter, weil die Lage so ungewiss ist - vor allem, wie
lange das jetzt noch so gehen soll», ergänzt sie. «Wir mussten für

einen Teil unserer Belegschaft Kurzarbeit anmelden.»

Aber noch etwas tut vielen Mitarbeitern in der Seele weh. «Die
Panda-Zwillinge sind zuckersüß», sagt Hachmeister. «Jedes Mal denke
n
wir: Das müssten die Besucher jetzt live sehen. Nicht, dass wir
irgendwann wieder öffnen und dann sind die kleinen Pandas schon ganz
groß.» Zoo und Tierpark versuchten nun zumindest online, die Berliner
am Alltag in den Gehegen teilhaben zu lassen. An Humor fehlt es dabei
auch nicht. Wenn Panda Paule auf einem Zoo-Video durch sein Gehege
flitzt steht darüber: «Paule rennt - wie haltet ihr euch fit?»

Im Vogelhaus, so beobachten es Pfleger, sind die Tiere ohne
Abwechslung durch Besucher jetzt viel mehr mit sich selbst
beschäftigt. Im Frühling sei das aber auch wünschenswert, sagt
Philine Hachmeister mit einem Augenzwinkern. «Vielleicht gibt es nach
der Coronakrise nicht nur im Zoo einen großen Babyboom.»

Auch Zoo und Tierpark haben einen Pandemie-Plan. «Wir können die
Tierpfleger aber schlecht ins Homeoffice schicken», scherzt
Hachmeister. Sie seien nun in jeweils zwei Teams eingeteilt und
arbeiteten wochenweise komplett getrennt voneinander. «Wir machen
das, damit die Kontakte überschaubar bleiben, auch für eine mögliche

Rückverfolgung im Krankheitsfall.» Bisher sie es aber eine reine
Vorsichtsmaßnahme.

Schutzmasken, Kittel und Desinfektionsmittel für Tierpfleger gibt es
nun nicht allein routinemäßig bei den Panda-Zwillingen. «Bei den
Menschenaffen machen wir das jetzt zum Beispiel auch», sagt
Hachmeister. «Der aktuelle wissenschaftliche Stand ist, dass dieses
Virus nicht auf Tiere übertragen werden kann. Aber wir sind trotzdem
vorsichtig.»

An Futter mangelt es noch nicht. Heu und Pellets seien auf Lager.
«Solange die Supermärkte offen sind, haben wir auch beim Futter für
unsere Exoten keine Sorge», ergänzt Hachmeister. «Ob die
Drachenfrucht aus Südostasien dabei ist oder die Orange aus Spanien
kommt, ist den Tieren im Zweifelsfall nicht ganz so wichtig.»

Gerührt habe das Zoo- und Tierparkmanagement, dass es aus der
Bevölkerung bereits Unterstützungsangebote gebe. «Es erinnert an
bisschen an Kriegszeiten. Als die Berliner sich den Kohl vom Mund
abgespart haben, um ihn dem Flusspferd zu geben», berichtet die
Sprecherin. Spendenaufrufe haben Zoo und Tierpark darüber hinaus
gestartet.

Und es gibt auch so manche Idee für die ungewisse Zukunft. «Der
Tierpark ist fast so groß wie der Tiergarten», sagt Hachmeister.
«Vielleicht gibt es Mittel und Wege, den Zugang bald wieder
beschränkt zu öffnen, zumindest zeitweise - aber nur in Abstimmung
mit den zuständigen Behörden.»